Real Madrid gehört dazu, der FC Barcelona auch, genauso wie Ajax Amsterdam, der FC Bayern oder auch die Boca Juniors: Das alles sind international-erfolgreiche Vereine, die von ihren Mitgliedern kontrolliert werden und die sich in nationalen wie internationalen Wettbewerben gegen Klubs durchsetzen, die in den Händen externer Investoren sind.

Das Argument, der moderne Fußball brauche private Investoren, die die Klubs kontrollieren und unsere Vereine müssen sich zu Franchises nach amerikanischen Vorbild wandeln, um konkurrenzfähig zu bleiben, ist Unsinn. Nicht nur der europäische Fußball, auch der südamerikaniche und der afrikanische Fußball beweisen, dass sich Mitgliedervereine gegen Investorenklubs nachhaltig durchsetzen können.

In Südamerika zum Beispiel gilt die 50+1-Regel nicht. Und in den dominierenden Ligen, der brasilanischen und der argentinischen Fußballliga, gibt es Vereine, die von privaten Geldgebern kontrolliert werden. Aber die Mitgliedervereine dominieren den Wettbewerb. Das zeigt auch ein Blick auf die Siegerliste der südamerikanischen Championslegue, der Copa Libertadores in den vergangenen zehn Jahren: River Plate (2015 und 2018), Palmeiras Sao Paulo (2020 und 2021) und Flamengo Rio de Janiero (2019 und 2022) gewannen je zwei Mal, Atlético Nacional (2016), Grêmio (2017) und Fluminense (2023) waren je einmal siegreich. Genauso wie Botafago 2024 – Dort dominiert jedoch mit John Textor ein externer Investor. Dieses Jahr läuft der Wettbewerb noch. Doch das Bild ist heute schon eindeutig: Neun Copa Libertadores-Sieger der vergangen zehn Jahre sind klassische Mitgliedervereine. Das ist insofern bemerkenswert, als dass es in Mexiko, dem dritten südamerikanischen Land mit international konkurrenzfähiger Fußballliga, de Facto nur Investorenklubs gibt. Durchsetzen aber konnten die sich nie.

Etwas differenzierter – und doch eindeutig – ist es das Bild auch auf dem afrikanischen Kontinent. Die CAF Champions League wurde in den vergangenen zehn Jahren nämlich auch insgesamt sieben Mal von Vereinen gewonnen, die zumindest den jeweiligen politischen Umständen entsprechend von ihren Mitgliedern kontrolliert werden. Genauer gesagt von Wydad Casablanca aus Marokko (2017, 2022 und 2023), Espérance Tunis aus Tunesien (2019) und Al Ahly aus Ägypten (2018, 2020 und 2024). 2015 siegte dagegen TP Mazembe aus der Demokratischen Republik Kongo, 2016 und 2021 hingegen die Mamelodi Sundowns aus Südafrika – beides Investorenklubs.

Aber auch in Europa sind Mitgliedervereine nicht weniger erfolgreich als Investorenklubs. In Spanien, den Niederlanden und in Portugal zum Beispiel sind werden die drei erfolgreichsten Vereine mindestens mehrheitlich von ihren Mitgliedern kontrolliert: In Spanien Real Madrid, der FC Barcelona und Athletic Bilbao sogar vollständig, in den Niederlanden Ajax Amsterdam, Feynoord Rotterdam und der PSV Eindhoven, der allerdings von einer Stiftung verwaltet wird, und in Portugal Benfica sowie Sporting Lissabon und der FC Porto mehrheitlich. Auch international können die Vereine dabei mit den Investoren-Klubs mithalten: Real Madrid ist mit 15 Titeln Rekordsieger der Champions League. Sechs der letzten 10 Titelträger waren Mitgliedervereine. In den fünf Jahren davor gewannen wiederum viermal die Mitgliedervereine.

Natürlich gibt es in Europa aber auch Länder, in denen das Bild anders aussieht: Österreich zum Beispiel. Da bestimmt Red Bull Salzburg seit dem Einstieg von Red Bull das Geschehen – auch wenn der Brauseklub den Titel letzte Saison an den Mitgliederverein Sturm Graz verloren hat. Doch in Österreich, wo das Budget im Profifußball noch einmal geringer ist als zum Beispiel hier in Deutschland, macht Investorengeld logischerweise dann auch noch einmal einen größeren Unterschied. Zum Vergleich: In Deutschland tut sich RB Leipzig seit dem Bundesligaaufstieg schwerer, hat letzte Saison sogar das internationale Geschäft komplett verpasst, der VfL Wolfsburg, der in den letzten zehn Jahren mit mehr als 100 Millionen Euro von VW subventioniert wurde, ist trotz einmaligen Double-Gewinn unterm Strich bestenfalls eine graue Maus und auch Bayer Leverkusen war vor der Verpflichtung von Xabi Alonso kein Topklub, zumal die Werkself von Bayer kaum stärker gefördert wird als vergleichbare Mitgliedervereine von ihren Sponsoren.

Länder, in denen es nur Investorenklubs gibt, wie Frankreich oder Italien, trüben dabei das Bild, weil es hier eben keinen direkten Vergleich geben kann. Und dass Inter Mailand immer mal wieder um den Champions League-Titel mitspielen kann, liegt dabei auch weniger daran, dass eine Investorengruppe den Verein kontrolliert, als daran, dass es in einem fußballbegeisterten Land mit starker Sponsoring-Infrastruktur wie Italien natürlich immer Mannschaften geben wird, die international wettbewerbsfähig sind. Ein noch drastischeres Beispiel dafür, wie eine ganze Investorenliga die Entwicklung des Fußballs sogar lähmen kann, ist Frankreich: Zwar ist Paris St. Germain durch den Einstieg der katarischen Investoren zu einem europäischen Topklub geworden – auch wenn die Pariser dabei absurd viel mehr Geld aufwendeten als andere Teams und die Champions League erst in der Saison gewannen, in der sie auf teuer hinzugekaufte Superstars wie Messi, Neymar oder Kylian Mbappe verzichteten. Aber das es so lange dauerte, bis aus dem Investoren-Land Frankreich, trotz international-anerkannter Nachwuchsarbeit, wirtschaftlicher Stärke und fußballbegeisterten Fans, ein Champions League-Sieger kommt, spricht jetzt nicht besonders für diese Kluborganisation.

Das Fazit ist also eindeutig: Es braucht keine Investoren für die Wettbewerbsfähigkeit.

Klar, Investoren können für sportlichen Erfolg sorgen, wie bei Manchester City, das vor dem Einstieg der arabischen Investoren zwar viele Fans aber nur wenig sportlichen Erfolg hatte. Investoren können aber auch für Chaos und Abstiege sorgen. Wie jüngst bei Olympique Lyon oder Vitesse Arnheim.

Mitgliedervereine begeistern mehr Menschen, weil Mitbestimmung und Konstanz Identifikation schaffen. Das kann Sponsoren überzeugen – und talentierte Spieler, die eine stärkere Bindung zum Umfeld bekommen. Aber auch darüber hinaus hat es einen gesellschaftlichen Einfluss: Katalanische TV-Sender übertragen zum Beispiel nicht nur vor nationalen Wahlen die TV-Duelle der Spitzenkandidat*innen, sondern auch vor den Präsidentschaftswahlen des FC Barcelona. Und ob es besser ist, wenn die Superstars den Präsidenten wählen gehen, wie es Lionel Messi in seiner Barca-Zeit stets tat, oder das Abstimmen den Fans überlassen, so wie aktuell Marc Andre ter Stegen, wird rund um den FC Barcelona immer wieder eifrig diskutiert. Demokratie wird so erlebbar und das strahlt über den Fußball hinaus in die gesellschaftliche Lebensrealität seiner Fans. Die Bindungskraft der Demokratie steigt. Und in Zeiten, in denen Anti-Demokrat*innen weltweit auf dem Vormarsch sind, kann das nur gut sein.

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Von admin