Es sollte die Rückkehr auf die große Bühne werden: DAC Dunajska Streda, gegründet 1904, war in den 80er und 90er Jahren ein bedeutener Name im slowakischen Fußball. Nach dem Gewinn des tschechoslowakischen und slowakischen Pokals 1987 spielte der DAC in der Saison 1987/88 im Europapokal der Pokalsieger. In den Spielzeiten 1988/89 und 1993/94 folgten noch zwei weitere Teilnahmen am damals in UEFA-Cup unbenannten Wettbewerb. Doch nach der Auflösung der Tschechoslowakei 1993 ging es für den Klub bergab: Auf ein paar Jahre im Mittelfeld der Tabelle folgte 1998 der Abstieg aus der ersten Liga, Anfang der 2000er Jahre ging es sogar runter in die Drittklassigkeit. Man war eine Fahrstuhlmannschaft. Erst 2013 kehrte DAC in die erste slowakische Liga zurück. Und erst in diesem Jahr qualifizierte Man sich mal wieder für einen internationalen Wettbewerb: Die Conference League. Doch statt glorreicher Rückkehr wird es zur Horrgeschichte – der Reihe nach.

Bei der Auslosung der ersten Qualifikationsrunden in der Conference League war DAC Dunajska Streda nämlich noch im Lostopf, Ende Juli sollte man auf den Sieger des Duells zwischen dem FC Urartu Erewan (Armenien) und Njoman Hrodna (Belarus) treffen. Doch daraus wird nichts. Die Uefa hat DAC nämlich aus dem Wettbewerb ausgeschlossen. Der Grund: Ein Verstoß gegen die Uefa-Regeln zum Multi-Club-Ownership. Die sagen: Ein Investor darf pro Wettbewerb maximal einen Klub kontrollieren. So will die Uefa die sportliche Integrität ihrer Tuniere schützen – zurecht, aber schlecht für das slowakische Combeack, denn DAC ist ebenso im Besitz des slowakischen Geschäftsmannes Oszkar Vilagi wie der ungarische Erstligist Györi ETO FC, der sich ebenfalls für die Conference League qualifiziert hat.

Doch für den DAC wird es noch bitterer, denn bei der Entscheidung, welcher Klub an der Conference League teilnehmen darf, werden dem Klub die Schwierigkeiten des slowakischen Fußballs nach dem Ende der Tschechoslowakei zum Verhängnis. Denn entscheidend dafür, wer international dabei sein darf, ist, welcher Klub in seiner Liga die bessere Platzierung eingefahren hat. DAC und Györi wurden aber beide Vierter. Deswegen entscheidet, welches Herkunfsland im Uefa-Ranking höher steht – und da steht Ungarn vor der Slowakei. Da kann DAC, das in den letzten Jahren an seinem Europa-Comeback gearbeitet hat, aber ja nichts für. Besonders absurd an dieser Geschichte ist übrigens, dass die Stadt Streda, die auch eine Minderheitsbeteiligung am Verein hält, mehrheitlich von Ungarn bewohnt wird und Orbans Partei Fidesz den Bau eines neuen DAC-Stadions deswegen mit rund 10 Millionen Euro unterstützt haben soll.

Dabei lässt die Uefa immer wieder Tricksereien beim Multi-Club-Ownership zu: Im vergangenen Jahr hatten Manchester City und der FC Girona mithilfe einer Blind-Trust-Aktion noch jeweils eine Starterlaubnis für die Champions League erhalten, seit diesem Jahr muss eine Entflechtung zwischen den Klubs aber bereits zum 1. März stattgefunden haben. Das ist in diesem Jahr auch dem irischen Pokalsieger Drogheda United zum Verhängnis geworden, der seinen Platz in der Conference League verlor, weil er wie der dänische Conference League-Teilnehmer Silkeborg IF, von der Trivela Group kontrolliert wird. Und noch ist offen, ob Crystal Palace, das in diesem Jahr mit dem FA Cup seinen ersten Titel gewonnen hat, in der Europa League starten darf. Denn noch gehört Palace wie Frankreichs Europa League Teilnehmer Olympique Lyon John Textor und dürfte deswegen nicht mitspielen. Textor aber ist optimistisch, Palace erfolgreich verkauft zu haben. Er war sich aber ja auch sicher, den Zwangsabstieg von Lyon zu verhindern. Außerdem dürfen RB Leipzig und RB Salzburg regelmäßig im selben internationalen Wettbewerb antreten, seitdem Red Bull seine Anteile an der Salzburger Kapitalgesellschaft zurückgegeben hat, aber weiter den Stammverein durch eine Neumitglieder-Blockade kontrolliert. Auch das ist eine Horrorgeschichte: Die Uefa-Regeln werden also ungleich angewandt, kleine Klubs bekommen sie zu spüren, während der Verband den Konflikt mit den finanzstarken Branchen-Bossen offenbar scheut. Mit Integrität hat das nichts zu tun.

Das Problem sitzt aber ohnehin an der Wurzel: Multi-Club-Ownerships gefährden nämlich immer die Integrität des sportlichen Wettbewerbs. Die aktuellen Uefa-Richtlinien könnten dabei sogar die sportliche Integrität nationaler Ligen oder Pokalwettbewerbe gefährden. Nehmen wir zum Beispiel an, dass ein Investor einen Klub in England und einen in Belgien kontrolliert. Dabei benutzt er – wie in solchen Konstrukten üblich – das belgische Team als Farmteam für die englische Mannschaft. Wenn beide Mannschaften sich nun für den selben Uefa-Wettbewerb qualifizieren könnten, aber die belgische Mannschaft einen besseren Tabellenplatz hat als die englische, könnte er anstreben, dass sein belgisches Team die letzten Spiele bewusst abschenkt, um noch hinter die Konkurrenz zurückzufallen und so dem englischen Klub die gewünschte Teilnahme am internationalen Wettbewerb zu ermöglichen. Das öffnet doch eindeutig die Tür für Spielmanipulationen und – richtig – weitere Horrorgeschichten.

Multi-Club-Ownerships gibt es dabei auch in Deutschland: Red Bull kontrolliert Salzburg und Leipzig, bei der Hertha sind die 777 Partners investiert, denen auch Vasco da Gama, Standard Lüttich, Red Star Paris, Melbourne Victory und der FC Sevilla gehören, David Blitzer gehören Anteile am FC Augsburg, Crystal Palace und anderen Sportteams und die Pacific Media Group, der der Barnsley FC in England, der KV Oostende in Belgien, die AS Nancy in Frankreich und Esbjerg fB in Dänemark gehören, halten knapp 10% der Anteile am 1. FC Kaiserslautern. Der FC Bayern hat als Verein sogar seine eigene Multi-Club-Ownership gestartet: Gemeinsam mit dem Los Angeles FC gründete man eine Holding, die eine zum einen eine Fußballschule in Afrika, aber auch einen Fußballerstligisten in Urugay besitzt.

Das Fußballvereine (Entwicklungs-)Partnerschaften eingehen, ist völlig legetim. Gerade europäische Spitzenteams haben Fans auf der ganzen Welt, dass sie diese mit globalen Engagement ansprechen wollen, ist verständlich. Und wenn so vom Know-how und der Finanzkraft der europäischen Klubs der Fußball weltweit profitieren kann: bitteschön. Dabei sollte aber einerseits immer gewahrt bleiben, dass Vereine sich zusammenschließen, die nicht in den selben internationalen Wettbewerben antreten können, im Idealfall, weil sie auf unterschiedlichen Kontinenten aktiv sind, und dass die geschäftliche Eigenständigkeit beider Partner erhalten bleibt, es also eben keine Multi-Club-Ownership gibt.

Darüber hinaus aber muss sich der Fußball entscheiden: Tatsächliche sportliche Integrität – oder Multi-Club-Ownership. Beides geht nicht.

Worauf die Wahl fallen sollte, ist eindeutig. Doch wie kann man dahin kommen? Die Uefa muss ihre Regeln tatsächlich durchsetzen – immer, nicht nur dann, wenn sie die Widerspruch (finanziell) erträglich findet. Und sie muss die Regeln weiterentwickeln, so dass sie, anders als jetzt, eben keinen Einfluss mehr auf nationale Ligen haben können. Eine Möglichkeit: Solange Investoren Multi-Club-Ownerships haben dürfen, die sich international für den selben Wettbewerb qualifizieren könnten, sollten sie vor jeder Spielzeit ankündigen müssen, welche Mannschaft ihre Priorität dafür ist. Auch das sorgt nicht für 100% sportliche Integrität, weil dadurch nicht immer alle legetimen Teilnehmer bei Champions, Europa und Conference League dabei wären, siehe das Beispiel mit dem englischen und dem belgischen Team weiter oben, würde aber die Integrität der nationalen Ligen sicher stellen und auch die Integrität der internationalen Wettbewerbe ab dem ersten Anstoß.

Besser aber wäre ein generelles Verbot von Multi-Club-Ownerships. Hier sollten DFB und DFL voran gehen und internationale Investoren, die in mehr als einen Klub investiert sind, zum Anschlusskriterium für eine Lizensierung im hiesigen Ligabetrieb machen. Natürlich entweder mit Bestandsschutz oder besser Bailout-Krediten für die Vereine, die schon in einem solchen Konstrukt sind. Gelingt das könnte dieses Modell von der Uefa adaptiert werden. Und dieHorrorgeschichte der Multi-Club Ownerships käme zu einem Ende.

Gut – Denn Fußball ist nichts ohne sportliche Integrität.

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Von admin