Seit über 100 Jahren wird in Green Bay, Wisconsin, professionell Football gespielt. Allein das ist erwähnenswert, weil Green Bay eine relativ kleine Stadt mit gerade mal etwas über 100.000 Einwohner*innen ist. Damit ist man noch nicht einmal die größte Stadt in Wisconsin, einem wirtschaftlich eher schwächeren Bundesstaat, der darum auch nicht in einigen anderen bedeutenden nordamerikanischen Sportligen, wie der NHL und der MLS, vertreten ist. Doch noch etwas ist besonders am Sportverein aus Green Bay: Die Packers sind der einzige Profiklub in den USA, der keinem Investor, sondern seinen Fans gehört. Das gibt es sonst nirgends im Football, nirgends im Eishockey, Basketball und auch nicht im US-Fußball. Eine außergewöhnliche Geschichte also – gehen wir sie durch.

Die Geschichte beginnt mit Curly Lambeau, der als Expedient bei der Indian Packung Company arbeitete. Ein Expedient, für die, die es nicht wissen, ist ein kaufmännischer Angestellter, der für die Abfertigung von Transport- und Versandgüter zuständig ist. Vor über 100 Jahren, im August 1919 um genau zu sein, ist das eine durchaus etwas gehobenere Position. Eine, in der man immer mal wieder in Kontakt mit dem Vorstand kommen kann. Und genau diesen Kontakt suchte Lambeau Anfang August 1919 mit einer Bitte: 500 US-Dollar wollte er von seinem Arbeitgeber, um Trikots, Bälle und was man sonst noch so braucht, um ein Football-Team gründen zu können, zu kaufen. Die Indian Packing Company stimmte zu, aber nur unter der Bedingung, dass Lambeau seine Mannschaft nach der Firma benennen sollte. Und als man sich dann am Abend des 11. August 1919 zur Gründung der Football Mannschaft in einem Lokal in Green Bay traf, war der Name des Teams entsprechend schnell gefunden: Green Bay Packers. Curly Lambeau Mitstreiter bei der Vereinsgründung war übrigens George Whitney Calhoun, ein Sportjournalist bei der örtlichen Green Bay Press-Gazette. Auch das erwies sich als ganz praktisch, denn so wurde bereits zwei Tage später über die Vereinsgründung berichtet und das Team damit als halbprofessionelles Footballteam etabliert.

Ein Jahr später, 1920, wurde die National Football League dann gegründet und wuchs schnell. Weswegen die Packers wiederum schon ein Jahr später, 1921, eingeladen wurden, der Liga beizutreten. So wurde aus den halbprofessionellen Packers ein vollprofessionelles Team. Ihr erstes Spiel bestritt es, das übrigens von Lambeau auch selbst gecoacht wurde, am 23. Oktober 1921 gegen die Minneapolis Marines – und man gewann es direkt mit 7:6. Allerdings hatten die Green Bay Packers zu dieser Zeit massive finanzielle Probleme: Die 500 Dollar von Lambeaus Arbeitgeber waren ausgegeben, das Spielfeld aber war ein öffentlicher Sportplatz ohne Zäune – heißt: Jede*r konnte zum Zuschauen einfach vorbei kommen ohne Eintritt zu bezahlen, stattdessen lies man den Hut rum gehen. Damit aber konnte man schon 1920 kein professionelles Football-Team finanzieren.

Aber auch da hatten Curly Lambeau rasch eine Idee: Man wandelte die Mannschaft in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft um und führte regelmäßig Kapitalerhöhungen durch. Lokale Geschäftsleute, aber vor allem die Football Fans aus Green Bay stiegen so beim Verein ein und schufen so die bis heute einzigartige Struktur: Die Mannschaft gehört ihren Fans. Im Laufe der Jahre führten die Green Bay Packers inzwischen fünf Mal solche Kapitalerhöhungen durch, so dass bis heute über 360.000 Menschen am Klub beteiligt sind. Keine*r von ihnen darf mehr als 4% halten. Das würde sich auch eh nicht lohnen, denn Dividenden sind ausgeschlossen und ein Weiterverkauf der Aktien ist auch verboten. Es geht also wirklich nur darum, den Erhalt und das Wachstum des Klubs zu finanzieren – in einer für den US-Sport außerordentlich demokratischen Struktur. Eine Nachahmung wäre zumindest im Football auch unmöglich: Die NHL-Eigentümerpolitik schreibt heute nämlich vor, dass jedes Team einen Hauptinvestor haben muss, der mindestens 30% der Anteile kontrolliert. Die Green Bay Packers besitzen aber Bestandsschutz.

Die Bindung zwischen Fans und Verein ist darum auch besonders groß: Seit 1960 ist jedes Heimspiel ausverkauft, die Warteliste für eine Dauerkarte ist so lang, dass sie erst in eintausend Jahren (!) abgearbeitet wäre, wenn keine neuen Interessent*innen dazukommen. Es ist also fast unmöglich, einmal live im Lambeau-Stadium, in dem die Green Bay Packers seit 1957 ihre Heimspiele austragen, dabei zu sein. Das ist also etwas anders als noch vor einhundert Jahren. Schade eigentlich. Dafür gibt es auch einen besonderen Jubel – den Lambeau Leap, bei dem der Spieler, nachdem er einen Punkt erzielt hat, in die Fankurve springt. Auch solche exzessiven Jubelgesten sind in der NHL eigentlich seit dem Jahr 2000 verboten – aber Green Bay ist eben besonders.

Und erfolgreich. Ihren ersten großen Erfolg feierten sie in den 1920er- und 1930er-Jahren noch unter Coach Curly Lambeau. Die wohl prägendste Ära erlebten die Packers dann jedoch in den 1960er-Jahren unter dem legendären Trainer Vince Lombardi, als sie fünf NFL-Titel gewannen, darunter die ersten beiden Super Bowls 1967 und 1968. Nach einer kurzen Schwächephase führte in den 1990er-Jahren Quarterback Brett Favre das Team zurück an die Spitze und man sicherte sich 1997 den Super Bowl XXXI. Ab 2008 prägte dann wiederum Aaron Rodgers eine neue Ära, die 2011 im Gewinn des Super Bowl XLV gipfelte. Unterm Strich gelten die Packers mit insgesamt 13 Meisterschaften als erfolgreichstes Team in der Geschichte der NFL.

Aber wie sieht es aktuell aus? Vieles ermutigt zu Optimismus: Denn Quarterback Jordan Love hat sich nach dem Abgang von Aaron Rodgers als würdiger Nachfolger etabliert und soll nun den nächsten Schritt machen. Head Coach Matt LaFleur setzt auf eine talentierte Offense mit viel Tempo und Flexibilität. In der Defense ruhen die Hoffnungen auf einem stabileren Auftritt unter dem neuen Koordinator Jeff Hafley.

Auch die Transerphase lief dabei gut: Die Green Bay Packers setzten im NFL Draft 2025 dabei Weise klare Schwerpunkte in der Offensive, wo es auch den größen Entwicklungsbedarf gab: Mit Wide Receiver Matthew Golden holte man erstmals seit über zwei Jahrzehnten einen Passfänger in Runde eins, um Quarterback Love gezielt zu unterstützen. Auch mit zusätzlichen Picks in der Offensive Line und einem weiteren Receiver zeigte das Front Office den Willen, die Offense kurzfristig weiterzuentwickeln. In späteren Runden ergänzten die Packers ihre letzte Saison schon starke Defensive mit talentierter, aber noch roher Tiefe – insgesamt wurde der Draft ligaweit positiv bewertet. Besonders im Fokus steht jetzt der Saisonauftakt gegen starke Divisionsrivalen wie die Detroit Lions, die Cleveland Browns oder die Dallas Cowboys, der früh die Richtung vorgibt.

Die Packers wollen ihre erfolgreichen Tradition fortschreiben – sagt auch Head Coach Matt LaFleur: „In dieser Liga darfst du nicht einmal für eine Sekunde vom Gas gehen. wir werden darum weiter Druck machen.“

Mit den Fans im Rücken wie kein anderes Team wäre das doch wünschenswert.

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Von admin