„Wir haben uns intensiv mit Shon Weissman beschäftigt, uns aber final entschieden, von einer Verpflichtung abzusehen“, verkündete Fortuna Düsseldorf die Entscheidung, den Stürmer vom FC Granada doch noch zu verpflichten, am Dienstagvormittag. Grund sind ziemlich harsche Äußerungen des 29-jährigen Stürmers in sozialen Medien, in denen er nach den Terroranschlägen der Hamas am 07. Oktober 2023 unter anderem zur „Auslöschung Gazas“ aufgerufen hatte.

Weissman hatte damals unter anderem einem Post ein Like gegeben, in dem stand: „Es gibt keine Unschuldigen, sie müssen nicht vor dem Beschuss gewarnt werden, sondern löschen Sie einfach Gaza aus.“ Zudem schrieb er selbst, es sollten „200 Tonnen Bomben darauf abgeworfen“ werden. Die entsprechenden Inhalte löschte er später und begründete sein Verhalten mit der emotionalen Ausnahmesituation, in der er sich nach dem Horrortag befunden habe.

Dabei hatte Shon Weissman bereits den obligatorischen Medizincheck in der NRW-Hauptstadt absolviert. Doch an der geplanten Verpflichtung gab es massive Kritik der Fortuna-Fans. In sozialen Netzwerken formierte sich ein Shitstorm gegen die geplante Verpflichtung, teils wurden sogar Petitionen gestartet.

Dass der Nahostkonflikt den Fußball beeinflusst ist dabei keinesfalls neu. Der 1. FSV Mainz 05 hat im Oktober 2023 seinen Neuzugang Anwar El Ghazi aufgrund eines inakzeptablen Social‑Media-Posts freigestellt. In dem mittlerweile gelöschten Beitrag propagierte der niederländische Angreifer unter anderem die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“, die das Existenzrecht Israels infrage stellt und als eindeutig antisemitisch definiert wird – eine Aussage, die Mainz als unvereinbar mit den Werten des Vereins bezeichnete. Auch Noussair Mazraoui, damals beim FC Bayern unter Vertrag, hatte in einem Beitrag in den sozialen Medien unter anderem eine Seite verlinkt, die für die Auslöschung des jüdischen Staates wirbt. Der FC Bayern, ein Verein mit bedeutender jüdischer Tradition, sanktionierte Mazraoui ebenfalls.

Wie aber können Vereine angemessen mit der Situation in Israel und den palästinensischen Gebieten umgehen – einerseits nach dem bestialischen Terrorangriff der Hamas, die ja auch die eigene Bevölkerung seit mehr als 20 Jahren unterdrückt, auf Israel und andererseits im Anbetracht der beginnenden Hungerkatastrophe in Gaza infolge der israelischen Militäroffensive?

Ein positives Beispiel sind die Fans von Werder Bremen. Ihr Engagement bezieht sich dabei insbesondere auf Hersh Goldberg-Polin. Hersh ist einer der jungen Menschen, die von der Hamas am frühen Morgen des 7. Oktober auf dem Musikfestival des Veranstalters „Tribe of Nova“ in der Nähe der Grenze zum Gaza-Streifen angegriffen und als Geisel nach Gaza-Stadt verschleppt wurden. Hersh ist darüber hinaus Anhänger des Vereins Hapoel Jerusalem und von Werder Bremen. Was sich ungewöhnlich anhört, hat eine längere Vorgeschichte, die auf einem geförderten Jugendaustausch zwischen Werder-Fans und Fans aus Israel basiert. Hershs Freund*innen berichten, dass er sich für den Frieden zwischen den Palästinenser*innen und Israelis einsetzte. Er wird als weltoffener Mensch beschrieben, der Stadionchoreographien gegen Rassismus und Homophobie entwickelte.

Nach dem 7. Oktober wurde erst selbst Thema von Stadionchoreographien, vor allem bei Werder, aber auch die Ultras des FC Bayern erinnerten an ihn. Die Botschaft der Choreographein: Bring them all home now – die Forderung, alle Hamas-Geiseln sofort zurück nach Israel zu bringen. Natürlich richtet diese Forderung sich zu allererst an die Entführer, aber auch an die israelische Regierung, denn Netanyahu und seiner in Teilen rechtsextremen Regierung wird vorgeworfen, längst nicht alles für die Freilassung der Geiseln zu tun, beispielsweise einen Waffenstillstand abzulehnen. In der israelischen Zivilgesellschaft ist Netanyahu täglich massiver Kritik ausgesetzt.

Für Werder-Fan Hersh Goldberg-Polin kommt jede Aktion zu spät, sein Tod ist mittlerweile traurige Gewissheit.

Doch das Andenken an ihn mahnt, dass Fußball Orte des Austausches schaffen kann. Und dass es endlich Frieden braucht.

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Von admin