Ein Zusammenschluss renommierter Klimaforscher*innen und Aktivist*innen hat die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 als drohende Klimakatastrophe bezeichnet. Der Bericht “FIFA’s Climate Blind Spot: The Men’s World Cup in a Warming World”, verfasst von Dr. Stuart Parkinson („Scientists for Global Responsibility“), Samran Ali („Environmental Defense Fund“), Freddie Daley („New Weather Institute“) sowie dem „Netzwerk Cool Down – Sport for Climate Action“, legt dar, dass das Turnier in den USA, Kanada und Mexiko die klimaschädlichste Weltmeisterschaft aller Zeiten werden könnte.

Laut ihrer Analyse werden die Emissionen mindestens 9 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent betragen – fast doppelt so viel wie bei den letzten vier Weltmeisterschaften im Schnitt. Verantwortlich dafür sind vor allem die Ausweitung des Turniers auf 48 Mannschaften und 104 Spiele sowie der enorme Flugverkehr zwischen den weit auseinanderliegenden Austragungsorten. Rund 7,7 Millionen Tonnen entfallen allein auf internationale und innerkontinentale Flüge, weitere 1,3 Millionen auf Transport, Unterkunft und Verpflegung. Berücksichtigt man zudem die indirekten Klimaeffekte des Luftverkehrs, könnte die Belastung sogar 40 bis 70 Prozent höher ausfallen.

Der Bericht weist außerdem auf erhebliche Umweltrisiken vor Ort hin. Acht der 16 Stadien bräuchten nach Einschätzung der Autor*innen sofortige ökologische Schutzmaßnahmen, mindestens vier seien besonders kritisch. Dazu gleich mehr.

Die FIFA-Lüge: Weltverband noch lange nicht auf dem Weg zur Klimaneutralität

Aber auch das Sponsoring steht in der Kritik. Der Deal mit dem saudischen Ölkonzern Aramco könnte nach Berechnungen zusätzliche 30 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen indirekt anheizen. Für die Autor*innen ist dies ein Widerspruch zu den eigenen Klimazielen der FIFA, die sich bis 2030 eine Halbierung der Emissionen und bis 2040 Klimaneutralität vorgenommen hat. Tatsächlich seien bislang aber nur elf Prozent der angekündigten Maßnahmen umgesetzt worden. Transparenzberichte fehlen weitgehend, ebenso wie eine unabhängige Überprüfung.

Die Forderungen der Studienautor*innen sind deutlich: keine Partnerschaften mehr mit fossilen Konzernen, eine Rückkehr zu einem kleineren Turnierformat, strengere Umweltauflagen für Stadien und verbindliche Regeln statt freiwilliger Absichtserklärungen. Sie mahnen an, dass die FIFA den Schutz von Klima, Spielern und Zuschauer*innen endlich ernst nehmen müsse.

Aber das ist bei weitem nicht die einzige Kritik an der anstehenden Mega-WM. Denn bei der Weltmeisterschaft wird wohl auch direkt deutlich, wie die Klimafolgen uns Menschen, in diesem Fall: Die Spieler, betreffen.

Auch die Gesundheit der Spieler wird gefährdet

Denn in 14 der 16 Austragungsstädte der nächsten, größten Weltmeisterschaft aller Zeiten – mit 48 Teams und 104 Spielen – drohen laut Prognosen Nachmittagstemperaturen, die die Spieler ernsthaft gefährden könnten. Das zeigt neben der dieser Arbeit auch eine im Januar im International Journal of Biometeorology veröffentlichte Studie, die auf 20 Jahren Wetterdaten basiert. Die Forscher fordern die Organisatoren daher auf, Nachmittagsspiele zu vermeiden

Besonders kritisch ist der sogenannte „Wet Bulb Globe Temperature“-Wert, kurz: WBGT, der Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit kombiniert. In neun Stadien wird er an mehr als der Hälfte der heißen Sommertage über der Sicherheitsgrenze von 28 °C liegen. Besonders riskant sind sechs Austragungsorte mit offenen Stadien: East Rutherford, Foxboro, Kansas City, Miami, Monterrey und Philadelphia. Eine frühere Studie aus dem Oktober hatte bereits ein „sehr hohes Risiko für schwere Hitzestress-Bedingungen“ in 10 der 16 Stadien prognostiziert.

„Die Gefahr extremer Hitze wird bei dieser Weltmeisterschaft größer sein als bei der WM 2022 in Katar“, warnt Dr. Donal Mullan, Klimawissenschaftler an der Queen’s University in Belfast und Hauptautor der Studie. Zum Vergleich: Die WM 2022 in Katar war aus den heißen Sommermonaten in den November und Dezember verlegt worden. Der dort gemessene höchste Wert der Feuchtkugeltemperatur lag bei 23 °C – fast 10 Grad weniger als die für die USA prognostizierten Werte.

Fifa und der amerikanische Fußballverband empfehlen Kühl- und Trinkpausen, wenn der WBGT über 32 °C steigt. Vorsichtigere Verbände, wie etwa der australische, setzen das Limit bereits bei 28 °C, bevor Spiele verschoben oder abgesagt werden. Dass auch niedrigere Werte gefährlich sein können, zeigte die Copa América 2024 in den USA: In Kansas City brach ein Schiedsrichterassistent während eines Spiels zusammen – bei einem WBGT von nur 27,5 °C. Wenige Tage zuvor musste Ronald Araújo beim Auftaktspiel Uruguays gegen Panama in Miami wegen Dehydrierung ausgewechselt werden.

Die Anstoßzeiten für die WM 2026 sind bislang nicht bekannt. Auf die Frage, ob Fifa bei der Spielplangestaltung die Sicherheit der Spieler berücksichtigen und Nachmittagsspiele in den heißesten Stadien vermeiden werde, gab es keine Antwort. „Die offensichtliche Antwort wäre, die Spiele nicht am Nachmittag anzusetzen“, fordert Mullan deswegen. „Wenn man die Stunden zwischen 12 und 18 Uhr meidet, würde das einen enormen Unterschied machen.“ Doch das Turnierformat macht das de Facto unmöglich: In den ersten beiden Gruppenspieltagen sind jeweils vier Spiele pro Tag vorgesehen, in der letzten Runde sogar sechs. Im Achtelfinale gibt es fünf Tage mit je drei Begegnungen. Um weltweit hohe TV-Quoten zu sichern, dürften viele Partien – wie auch schon bei der Klub WM – trotzdem in der Nachmittagshitze stattfinden.

FanLeben-Kommentar: Die FIFA ist eine Gefahr!

Die FIFA hat sich zu alledem übrigens noch nicht geäußert.

Aber würde das überhaupt noch einen Unterschied machen?

Wer Fußballturniere nach Katar vergibt, wo eine Weltmeisterschaft erstmals im Winter ausgetragen werden musste, weil es im Sommer viel zu heiß gewesen wäre, hat bereits bewiesen, dass er sich weder für Nachhaltigkeit noch für die Gesundheit von Sportler*innen interessiert. Noch offensichtlicher wurde das bei der Klub WM diesen Sommer. Da fanden die Spiele ja bereits in praller Mittagshitze statt und jede*r konnte sehen, wie das den Sport beeinflusst: Ein lahmer Kick, weil mehr für die Sportler auf dem Rasen nicht möglich ist, Ersatzspieler, die ihre Shirts in Eiswasser tauchen, um die Hitze irgendwie auszuhalten und Trainer, die aus Taktiktafeln Sonnenschirme bauen, um am Spielfeldrand nicht vollends zu verglühen. Mit einem fairen sportlichen Wettbewerb hatte das nichts zu tun.

Und wofür das alles? Die FIFA hat kurz vor der Klub WM doch noch einen TV-Deal für das Turnier bekommen – mit DAZN, der Streamingplattform, an der Saudi-Arabien beteiligt ist. Saudi-Arabien ist der größte Öl-Exporteur der Welt. Bei der WM 2026 werden wieder Klimakiller auf Banden für sich werben. Es ist schlichtweg zynisch, wie die FIFA einerseits zur Zerstörung der Umwelt beiträgt und uns andererseits die Folgen der Klimakatastrophe als Sportevent anbietet.

Apropos zynisch: Die Siegerehrung bei der WM wird unter anderem US-Präsident Donald Trump vornehmen – ein Mann, der den menschengemachten Klimawandel leugnet und aus der US-Demokratie eine Diktatur machen will.

Das Fazit ist darum niederschmetternd: Der internationale FIFA-Fußball ist Teil des Problems. Und das obwohl so viele in ihm Teil der Lösung sein woll(t)en.

Er steckt darum völlig zurecht in einer tiefen Krise.

FanLeben.de-Herausgeber Jan Bühlbecker kommentierte.

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Von admin