Henrik Haukeland verlässt die Düsseldorfer EG. Was nach dem Abstieg der DEG, der mit der DEL2-Meisterschaft der Dresdener Eislöwen offiziell wurde, allen klar schien, wurde aber erst Wochen später vom Verein und vom Spieler selbst bestätigt.
Dabei ist allen klar, dass ein Henrik Haukeland viel zu gut ist für die DEL2.

Und zu teuer – bei seiner Vertragsverlängerung in Düsseldorf ein Jahr vor dem sportlichen Abstieg sicherte er sich, so heißt es, einen Millionenvertrag. Kritiker*innen sagen: Auch weil Haukeland eine so großen Anteil am DEG-Budget „blockierte“, konnte der damalige Sportchef Niki Mondt im vergangenen Jahr keine konkurrenzfähige Eishockeymannschaft zusammenstellen.
Dass der Haukeland-Deal trotzdem nicht groß hinterfragt wurde, lag dabei sicherlich an den einwandfreien sportlichen Leistungen des Norwegers. Er war der Rückhalt einer zusammengewürfelten, unerfahrenen und auf vielen Positionen schlichtweg zu schlecht besetzten Mannschaft. Es lag aber auch an Haukelands Charakter: Mit deutlichen Worten forderte er schon vor Saisonbeginn mehr Investitionen in die Mannschaft. An den geschäftsführenden Gesellschafter Harald Witz gerichtet machte er klar: „Wenn man nicht genug Geld hat, kann man kein Profiteam besitzen.“ Damit nahm er Druck vom Team, machte aber auch einen Nebenschauplatz auf. Auch eine Aktion auf dem Eis sicherte Henrik Haukeland in der letzten Spielzeit den Respekt der Fans: Als am 15. Dezember letzten Jahres Red Bull München im Düsseldorfer PSD Bank Dome, ging die DEG chancenlos unter. Als bereits im zweiten Drittel das 5:0 für Gäste fiel, zertrümmerte Haukeland noch auf dem Eis seinen Schläger und fuhr in die Kabine. Ein Ausrufezeichen an Mitspieler, Verantwortliche – und die Fans, die Haukeland daraufhin mit Sprechchören feierten. Der Weckruf wirkte: Die Leistungen im nächsten Spiel waren besser, mit Laurin Braun wurde sogar noch ein weiterer Spieler verpflichtet.
Den Abstieg des Düsseldorfer Traditionsvereins aber konnte auch Henrik Haukeland nicht verhindern. Und damit endete sein Vertrag, Jahre früher als ursprünglich geplant, weil er nur für die DEL, nicht aber für die zweitklassige DEL2 Gültigkeit besaß. Im Eishockey-Unterhaus wäre der Millionenvertrag des Norwegers aber auch erst Recht nicht stemmbar gewesen.
Trotzdem machten sich die Fans Hoffnung auf einen Verbleib ihres Lieblingsspielers. Nicht nur, weil es Haukeland war, de als einziger nach dem feststehenden Abstieg am letzten Spieltag vor die Fankurve fuhr, um sich trotz allem für die Unterstützung zu bedanken. Sondern auch weil er auf Instagram immer wieder Andeutungen machte, in Düsseldorf bleiben zu wollen.
Doch am 20. Mai herrschte Gewissheit: In einem Sammelposting, das unter anderem auf Instagram veröffentlicht wurde, verabschiedete die DEG Haukeland gemeinsam mit sieben anderen Spielern, darunter übrigens Laurin Braun, der, so die DEG, ein Angebot zur Verlängerung ausgeschlagen habe. In den Kommentarspalten der DEG sammelte sich schnell eine Mischung aus Enttäuschung und Kritik. Enttäuschung darüber, den Fanliebling zu verlieren. Kritik an der DEG, die Haukeland in einem Sammelpositing abgefertigt hatte und ihm offenbar anders als Laurin Braun noch nicht einmal eine Verlängerung zu stark reduzierten Bezügen angeboten hatte.
Die DEG sah sich darum drei Tage später zu einem weiteren Statement gezwungen. Darin erklärt Geschäftsführer Rick Amann, selbst gemeinsam mit Andreas Niederberger nach dem Abstieg als neues Führungsduo verpflichtet: „Wir konnten nicht von ihm (Henrik Haukeland, d. Red.) verlangen, dass er für ein Viertel seines bisherigen Gehalts bei uns bleibt. Wir wollten auch nicht das Gehaltsgefüge unseres neuen Teams für einen einzigen Spieler völlig auseinander bringen.“
Hatten die DEG-Bosse also noch nicht einmal den Versuch unternommen, den Fanliebling in Düsseldorf zu halten? Obwohl alles darauf hindeutete, dass er dazu vielleicht sogar bereit gewesen wäre?
Im Abschiedspost, den Haukeland selber kurz darauf veröffentlicht, klingt das zumindest so. Darin bedauert er, dass seine Zeit in Düsseldorf endet – und spart auch keinesfalls an Pathos: „Es war mein Traum, eine Meisterschaft und Erfolg in die großartige Stadt Düsseldorf zu bringen, und es tut mir leid, dass ich versagt habe. Was in der letzten Saison passiert ist, werde ich mit ins Grab nehmen.“ Das Ende nennt er dabei: „Unfortunately“ – übersetzt heißt das leider oder bedauerlicherweise.
Die Fans befriedet das erwartbar nicht. Sie sehen sich in ihrer Wut darin bestätigt, dass noch nicht einmal mit Haukeland gesprochen wurde.
Aber warum handelte die DEG so? Manche sagen: Es seie sportlich unklug, eine von nur vier Spielerlizenzen, die in der DEL2 für Nicht-EU-Ausländer zur Verfügung stehen, an einen Torhüter zu vergeben. Doch schaut man auf die Mannschaften, die im letzten Jahr in den DEL2-Playoffs gestanden haben, hat eine mehrzahl der Teams genau das gemacht. Aktuell steht bei der DEG fürs Tor nur das junge Eigengewächs Leon Hümer, der in der letzten Saison per Förderlizenz Spielpraxis bei den Moskitos Essen in der drittklassigen Oberliga sammelte, unter Vertrag. Hümer überzeugte in Essen. Jetzt in der DEL2 hinter einem herausragenden Torhüter zu reifen könnte sportlich genau der richtige Entwicklungsschritt für ihn sein.
Auch die Kritik an den DEG-Gesellschaftern könnte Haukeland zum Abgang aus Düsseldorf gezwungen haben. Harald Wirtz zum Beispiel ist war als DEG-Geschäftsführer zurückgetreten, trägt aber weiter als Gesellschafter der Spielgesellschaft Verantwortung. Aber hätte Wirtz nicht vielleicht sogar ein Interesse an einer starken Gallionsfigur Haukeland, welche die Aufmerksamkeit der Fans auf sich zieht und ihn damit aus der Schusslinie möglicher Kritik nimmt? Daran, dass Haukeland zu einer solchen Absprache bereit gewesen wäre, besteht eigentlich kein Zweifel. Der Norweger ist klug und reflektiert und weiß gleichzeitig auch um seine Wirkung und Wirkmächtigkeit.
Viel wahrscheinlicher ist darum, dass die einfachste Erklärung zutrifft: Das neue Führungsduo aus Niederberger und Amann hat sich aus konzeptionellen Gründen gegen eine weitere Zusammenarbeit entschieden. Der Name Henrik Haukeland würde, so bitter und ungerecht das ist, immer für Diskussionen sorgen, die Berichte über die sportlichen Entwicklungen überlagern würden. Er würde die Erwartung an den direkten Wiederaufstieg wecken, den Niederberger und Amann gar nicht anstreben. Niederberger und Amann wollen nachhaltig eine neue Mannschaft aufbauen, sich im ersten DEL2-Jahr ordnen und im zweiten Jahr dann angreifen. Sie verpflichten sehr gute DEL2 Spieler und versuchen junge Spieler aus dem DEG-Nachwuchs einzubinden. Nachhaltigkeit statt Brechstange – so lautet ihre Devise.
Dieser Weg ist dabei der komplette Kontrast zum sportlichen Führungsstil von Niki Mondt, der nahezu jedes Jahr eine Mannschaft aufbauen musste, dabei aber immer wieder auch teils gegensätzliche Akzente setzte. Mal setzte er zum Beispiel auf Erfahrung auf der Trainerbank, im letzten Jahr dann auf einen Newcomer. Amann und Niederberger haben sich für einen Weg entschieden und ihn über mehrere Saison durchgeplant. Nur auf diese Weise kann ein abgestürzter und finanziell schwer angeschlagener Traditionsverein wie die DEG auch überhaupt wieder Erfolg haben.
Und es ist dabei richtig, dass ein sportliches Führungs-Duo seine Entscheidungen dann auch auf rein fachlicher Basis trifft – und nicht danach, wofür man im Moment der Verkündung den lautesten Applaus bekommt. Rick Amann, der in den letzten Jahrzehnten sehr erfolgreich in der freien Wirtschaft gearbeitet hat, weiß das. Andreas Niederberger, der zuletzt als Vizepräsident des Deutschen Eishockeybundes Verantwortung für die Entwicklung des Eishockeys in Deutschland insgesamt getragen hat, auch. Als große DEG-Legenden können sich die beiden das auch leisten – auch darum war es eine kluge Wahl der Gesellschafter auf sie zu setzen. Und dann ist es auch ehrlich, wenn die beiden keine Fake-Verhandlungen mit Henrik Haukeland über einen neuen Vertrag geführt haben, sondern ihn über ihre Entscheidung informiert haben.
Die Verkündung dieser Entscheidung hätte trotzdem besser laufen müssen. Mit mehr Respekt vor Henrik Haukeland und den Emotionen der DEG-Fans.