Weder Bier, noch Bratwurst, bei keinem Heimspiel – Diesen Verzicht haben sich die Ultras von Holstein Kiel selbst auferlegt. Und zwar aus politischen Gründen: Die aktive Fanszene beim nördlichsten Bundesligaverein streikt gegen steigende Preise. In einer zum aktuellen Heimspiel veröffentlichten Stellungsnahme blicken die Gruppen „Compagno“ und „New Connection“ auf ihre Aktion, die bereits seit Saisonbeginn läuft: „Die Stände hinter der Westtribüne werden deutlich weniger frequentiert, beim vergangenen Heimspiel blieben einige Bunden sogar ganz geschlossen, auch Gästefans schließen sich solidarisch unserem Vorgehen an.“ Auch in Kieler Lokalmedien wird bereits über den Fanprotest berichtet.

In Kiel wird wieder gestreikt! Das ist im 125. Jahr des Vereins durchaus eine sich wiederholende Geschichte. Denn 1912, als Holstein Kiel überraschend deutscher Meister wurde, war der Verein insbesondere in den Kieler Arbeitervierteln verwurzelt. Torhüter der Meistermannschaft war Adsch Werner, zeitweise Rekordnationalspieler Deutschlands, aber seinerzeit vor allem bekennender Sozialist. Auf der Meisterfeier soll darum auch der damalige Kaiser Willhelm mit einem Spottlied bedacht worden sein. Aber das nur am Rande.

Denn das bisherige Zwischenfazit der Störche-Ultras ist dennoch ein gemischtes: „Wir freuen uns, dass sich so viele von Euch unserem Protest angeschlossen haben“, schreiben sie in ihrem Statement. Weiter heißt es allerdings: „Doch das Preisgefüge hat sich bislang nicht verändert.“ Die Fangruppen sind deswegen, so berichten sie in ihrer Erklärung, noch einmal auf den Catering-Anbieter zugegangen und haben für ihre Position geworben. Und sie haben fünf konkrete Forderungen benannt, die sie erfüllt sehen wollen, um ihren Boykott einzustellen. Darunter erwartbare Forderungen wie eine Absenkung des Bierpreises, es soll zukünftig 0,5-Liter-Becher zum selben Preis geben und auch Softgetränke sollen 50 Cent günstiger werden. Aber auch kreativere Vorschläge wie Spieltagsaktionen, bei denen zum Beispiel Familien, für die ein Stadionbesuch ohnehin immer eine starke finanzielle Belastung darstellt, unterstützt werden könnten. Und sie fordern, dass bei Grillprodukten nur noch auf lokale Produkte oder solche in Bio-Qualität gesetzt wird. Das würde besser schmecken und sie gleichzeitig nachhaltiger, hört man aus der Ultra-Szene.

Doch eine Forderung ist „Compagno“ und „New Connection“ besonders wichtig: Überall im Stadion soll es kostenlosen Zugang zu Trinkwasser geben. Die Ultras schreiben: „Fußball ist ein verbindendes Element unserer Gesellschaft und daher rührt auch seine Verantwortung für ein sozialverträgliches Stadionerlebnis. Eine ständig steigende Preisspirale, schließt strukturell benachteiligte Gesellschaftsschichten auf Dauer aus. Ein Umstand, mit dem wir uns nicht abfinden möchten!“ Während der letzten Heimspiele hat man darum bereits einen Fan-Stand eingerichtet, an dem kostenlos Wasser verteilt wurde.

Weder Holstein Kiel noch der beauftragte Caterer äußern sich bislang öffentlich zu den einzelnen Punkten oder geben Einblick in die hinter den Preissteigerungen steckende Kalkulation. Der Bier-und-Wurst-Boykott in Kiel könnte darum noch einige Heimspiele lang andauern. Zurecht, finden die Ultras, wie sie abschließend schreiben. Denn: „Gemeinsam können wir den endlosen Preiserhöhungen doch noch ein Ende setzen!“

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Von admin