Ariane Hings, Carolin Kebekus, Dunja Hayali und Franziska van Almsick – sie alle gehören zu den Investorinnen der Frauenfußballspielbetriebsgesellschaft von Victoria Berlin. Ihr Ziel: Innerhalb von fünf Jahren in die Bundesliga aufsteigen, aktuell stehen sie auf Platz 10 der zweiten Liga. Und: Sie wollen professionelle Strukturen im Frauenfußball schaffen, zeigen, dass auch der Frauenfußball ein attraktives Geschäft sein kann, mit den selben Strukturen wie bei den Männern. Es klingt progressiv und kapitalistisch gleichzeitig.

Dabei geht die Gesellschaft jetzt den nächsten Schritt in Richtung wirtschaftlicher Professionalisierung: Mit Monarch Collective, das wurde heute bekannt, beteiligt sich erstmals ein globaler, auf Frauensport spezialisierter Investor an einem Klub aus Deutschland. Die von Kara Nortman und Jasmine Robinson 2023 gegründete Investitionsplattform übernimmt 38 Prozent der vom Gesamtverein ausgegliederten Frauenfußball-Abteilung, eine konkrete Summe wurde nicht genannt. Die amerikanische Risikokapitalgeberin Nortman bringt neben dem finanziellen Potenzial dabei auch sportliche Expertise mit. Die Risikokapitalgeberin engagiert sich nämlich unter anderem als Mitbegründerin des Angel City FC. Das von Frauen gegründete Frauenfußball-Franchise der National Women’s Soccer League verfügt dabei auch über prominente Besitzerinnen wie Natalie Portman, Eva Longoria, Mia Hamm und Serena Williams. In Deutschland wird es oft mit Victoria Berlin verglichen.

Für Progressivität spricht das: Die von Frauen geführte Investitionsplattform Monarch Collective will führende Frauensport-Institutionen aufbauen – mit Viktoria ist der rund 250 Millionen US-Dollar schwere Fonds dabei erstmals in Europa aktiv. Für Kapitalisierung das: In den USA ist Monarch neben Angel City an den NWSL-Teams San Diego Wave FC und dem 2026 startenden Boston Legacy FC beteiligt. Dieses Multi-Club-Ownerhip gefährdet dabei die Integrität des Wettbewerbs und dient vor allem den Finanzinteressen der Investoren.

Bei Victoria Berlin sieht man es so: „Mit dieser Partnerschaft gehen wir den nächsten bedeutenden Schritt, um den Frauenfußball auf ein neues Niveau zu heben – hin zu mehr Unabhängigkeit, Expertise, Reichweite und Stabilität im Frauenfußball“, sagte Viktoria Pausder, Mitbegründerin der seit Juli 2022 als eigenständige GmbH geführten Frauenfußball-Abteilung.

Fakt ist: Auch im Frauenfußball gilt die 50+1-Regel. Heißt: Trotz allem muss der eingetragene Verein hinter Victoria Berlin, der von den Investorinnen als „Partner in crime“ beziechnet wird, die Stimmenmehrheit in der Spielbetriebsgesellschaft haben. Das ist beruhigend, sichert es doch die demokratischen Strukturen im Fußball, die wichtig sind, über den Sport hinaus, weil sie Demokratie für Fans erlebbar machen.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie erstrebenswert es ist, dass sich der Frauenfußball auch wirtschaftlich immer mehr dem Männerfußball angleicht. Der letzte reine Frauenfußballverein in der Bundesliga, die SGS Essen, hat heute 2:3 gegen Werder Bremen verloren und steht damit auf einem Abstiegsplatz. Es scheint also als wäre die Entwicklung der Kapitalisierung nicht aufzuhalten – und da ist es doch spannend, dass mit Victoria Berlin ein Verein aufrückt, bei dem der Frauenfußball deutlich erfolgreicher ist, als die Männermannschaften. Andererseits ist auch die Sehnsucht nach der überschaubaren, von Leidenschaft geprägten Welt des Frauenfußballs verständlich. Nur klar ist: Die Spielerinnen haben professionelle Strukturen verdient. Und vielleicht sind amerikanische Investorinnen – zumindest, wenn sie ordentliche gesellschaftliche Werte vertreten – dann eben der Preis, den man dafür zahlen muss.

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Von admin