Fast jede dritte Sportlerin wurde in ihrer Karriere sexuell belästigt. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des SWR. Doch nicht nur das: Fast 200 der 300 befragten Frauen sind davon überzeugt, für die gleiche Anerkennung in der Gesellschaft mehr leisten zu müssen als ihre Kollegen.
Dafür spricht auch diese bittere aber leider nicht weniger aktuelle Geschichte: Unter einem Insta-Post zu dem Thema hat nämlich allen Anschein nach ein Polizist den Opfern sexualisierter Gewalt eine Mitschuld zu geben. In dem betreffenden Post schildert dabei Hochspringerin Johanna Göring ein Erlebnis bei einer Meisterschaft in München. Als Zuschauerin habe sie beobachtet, wie ein Mann eine Hochspringerin fotografierte. „Er hat ein Foto von einer Springerin gemacht, in dem Moment, in dem sie abgesprungen ist und ihre Beine geöffnet waren. Er hat dann so rangezoomt, dass man in ihren Schritt reinschauen konnte.“
Der User relativierte diese sexuelle Übergreif. Er war den Opfern sexueller Gewalt vor, diese zu „provozieren und damit zu kokettieren“. Anschließend hat er sich sogar in einem Kommentar als Leiter einer Kriminaldienststelle, die Sexualdelikte bearbeitet, zu erkennen gegeben. Das Polizeipräsidium Aalen bestätigte inzwischen, dass der User als Polizist tätigt ist. Man prüfe nun den Vorfall und die möglichen Konsequenzen – das schließe auch disziplinarrechtliche Maßnahmen ein.
Sollte sich all das, wovon ja nun mal leider auszugehen ist, bewahrheiten, wäre es schlichtweg furchtbar. Ein Polizist, dessen Kernaufgabe es ist, sexuelle Gewalt zu verhindern und zu verfolgen, verhöhnt die Opfer sexueller Gewalt. Ein Träger des staatlichen Gewaltmonopols rechtfertigt Gewalt gegen Frauen. Dafür könnte es nur einen Begriff geben: Staatsversagen.
Aber zurück zur Studie. Die zeigt, dass sexuelle Übergriffigkeit und Gewalt im Sport endlich mehr unternommen werden muss. Das beginnt mit unabhängigen Awarnesspersonen, Vertrauen in Frauen, die Übergriffe anzeigen und auch sportlichen Strafen gegen Tätern. Transparente, niedrigschwellige und vor allem verbindliche Strukturen. Und es braucht Bewusstsein in allen Bereichen des Sports: Bei den Verbänden, den männlichen Sportlern und den Fans.
