Was macht eigentlich gerade Fredi Bobic?
Manche VfL-Fans aus Bochum warten darauf, dass der Ex-Manager vom VfB Stuttgart, von Eintracht Frankfurt und Hertha BSC bald am Vonovia Ruhrstadion aufschlägt. Denn die meisten seiner langjährigen Wegbegleiter sind schon da: Kaderplaner Johannes Waigand wurde bereits vorgestellt, wegen Chefscout Babacar Wane verhandeln Bochum und Augsburg nur noch über die Ablösesumme und Nachwuchsleiter Pablo Thiam soll spätestens Anfang kommender Woche vorgestellt werden. Eingefädelt hat all die Deals Bochums neuer Sportgeschäftsführer Dirk Dufner, auch er hat bei Hertha in Berlin schon mit Bobic zusammengearbeitet.
Zwischen Dufner und Bobic stimmt es. Beide sind eher konservative Manager. Bobic zum Beispiel, der seine größten Erfolge als Sportchef mit Eintracht Frankfurt feierte, setzt beim Scouting eher auf die klassische Spielerbeobachtung als auf die Datenanalyse. So förderte er auch Ben Manga, der der Eintracht unter anderem die ablösefreie Verpflichtung des späteren 100-Millionen-Abgangs Random Kolo Muanie ermöglichte. Dirk Dufner wiederum ist Jurist, kein Ex-Profi. Er gilt als sachlich, top-organisiert, aber eben auch nicht als innovationsfreudig. In Bochum finden sie das – wie Dieter Hecking – sympathisch.
Vor seiner Verpflichtung hatte Bochum-Boss Ilja Kaenzig jedoch die stetige Weiterentwicklung des Vereins angekündigt. Auch organisatorisch. Und auch was die Neuverpflichtungen in der sportlichen Leitung angeht, wollte man eigentlich einen anderen Weg wählen, als Bobic- beziehungsweise Dufner-Buddies zu verpflichten: Ehemalige Fanlieblinge wie Cristian Gamboa oder Anthony Lossila sollten enger in den Verein eingebunden werden, auch Verantwortung tragen dürfen. Die Rückkehr von Simon Zoller beispielsweise verkündete der VfL bereits im März, doch den eigentlich für ihn vorgesehenen Job als Lizenzchef und Dufner-Zuarbeiter bekam nun doch Johannes Waigand statt eben Ex-Profi Zoller.

Fest steht: Dirk Dufner steht nicht für die Fortsetzung des bisherigen Bochumer Weges. Er hat eindeutig seine eigene Philosophie und längst damit begonnen, die Bochumer zu prägen. Die Richtung, die er vorgibt, ist dabei riskant: Zwar war Bobic, an dem Dufner sich offensichtlich orientiert, bei Eintracht Frankfurt erfolgreich, beim VfB Stuttgart und Hertha BSC aber blieben die Vereine unter seiner Leitung vorsichtig formuliert unter ihren Möglichkeiten.
Dabei lohnt es sich die Personalien und die Aufgabenbereiche, denen sie zugeordnet werden, differenziert zu betrachten. Kaderplaner Waigang zum Beispiel treibt eifrig Neuverpflichtungen voran. Und Nachwuchsboss Thiam ist ein echter Coup für den VfL, in der Branche sind sich alle einig, dass er einer der Besten seines Fachs ist. Bei Hertha musste er auch, anders als zum Beispiel Dufner und Wane, nicht wegen seiner Bobic-Nähe gehen, sondern nur wegen des hohen Gehalts, das Bobic für ihn vorgesehen hatte. In Bochum wird Thiam weniger verdienen. Wobei gleichzeitig jeder Euro in die Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs und Profis bestens investiertes Geld ist – denn günstiger kommt man weder an Lizenzspieler noch an Transfererlöse.
Und doch ist über einen drohenden Konflikt ist rund um das Ruhrstadion in den kommenden Tagen spekuliert worden: Der neue starke Mann im Aufsichtsrat des VfL Bochum ist Andreas Luthe. Luthe, Ex-Profi und an der Seite von Hans Peter Villis überraschend deutlich auch ins Vereinspräsidium gewählt, gilt anders als Dufner als innovationsfreudig – und macht daraus auch keinen Hehl: Selbst in seiner Vorstellungsrede kündigte er an, sich um das Thema Datenscouting beim VfL kümmern zu wollen.
Impulse für das VfL-Scouting sind dabei zweifelsohne erforderlich. In der vergangenen Winterpause konnte für keine Wunschposition ein passender Neuzugang verpflichtet werden. Dieter Hecking entmachtete zeitweise sogar die VfL-Scouts und beauftragte stattdessen – trotz Saisonendspurt – seine Co-Trainer mit der Beobachtung von Neuzugängen. Nun soll Babacar Wane die Verantwortung übernehmen, ein Dufner-Mann. Aber zwischen dem eher konservativen Chefscout Wayne und dem modernen und innovativen datenbasierten Scouting, von dem Luthe träumt, gibt es eben einen gigantischen Unterschied.
Dabei können beide Wege durchaus funktionieren. Was aber immer scheitert: Offen ausgetragene Konflikte in der Führung eines Vereins.
Das Best-Case-Szenario für den VfL Bochum ist darum dieses: Dass Luthe seine Ideen, Kontakte und Technologien einfühlsam in den Arbeitsalltag einbringt und Dufner ihn dabei unterstützt. Gerade für einen im Vergleich zu den anderen Top 25-Klubs in Deutschland eher klammen Bundesliga-Absteiger ist das vergleichsweise-günstigere, aber richtig angewendet sehr effektive Datenscouting nämlich von entscheidender Bedeutung.
Das Worst-Case-Szenario wäre, dass Luthe sich einbringen will und an Dufner abprallt. Dann ist Streit vorprogrammiert. Der bringt Unruhe und lähmt die Entwicklung.
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht an der Castroper Straße – und ob Fredi Bobic nächste Saison mal vorbei schaut.