Habt ihr schon alle Weihnachtsgeschenke zusammen oder wisst zumindest, wann im Dezember das hektische Last-Minute-Shopping ansteht? Laura Villars hatte eigentlich auch schon Pläne für den nächsten Monat. Aber etwas andere, naja, man kann vermutlich sagen: größere. Denn eigentlich wollte Villars bei der FIA-Generalversammlung in Usbekistan gegen Amtsinhaber Mohammed Ben Sulayem antreten. Doch wie zuvor schon der US-Amerikaner Tim Mayer scheiterte die Schweizerin an den komplexen Hürden des Wahlverfahrens. Beide konnten keine vollständige Wahlliste einreichen, also Kandidat*innen benennen, die neben ihnen im Vorstand der FIA arbeiten würden. Damit ist Ben Sulayem derzeit der einzige zugelassene Kandidat für das Präsidentenamt.
Das will die ehemalige Rennfahrerin nicht so einfach hinnehmen. In Frankreich hat sie deshalb eine Klage gegen den Weltverband eingereicht. Sie wirft der FIA beim Wahlverfahren gravierende demokratische Defizite vor. Ein Pariser Gericht hat für heute eine Eilanhörung angesetzt – ein seltener Vorgang in der Geschichte des Weltverbands. Und damit Grund genug, einen Blick auf die Hintergründe dieses Themas zu werfen.
Beginnen wir mit der Perspektive von Laura Villars: „Ich habe zweimal versucht, mit der FIA über interne Demokratie und Transparenz zu sprechen – ohne Ergebnis“, erklärte die in einer Mitteilung. „Ich handle nicht gegen die FIA, sondern um sie zu schützen. Demokratie ist keine Bedrohung für den Verband, sondern seine Stärke.“ Sie findet: Kandidaturen für ein Spitzenamt beim Weltverband müssten allen Interessierten offenstehen, auch wenn sie kein vollständiges Team benennen wollen oder könnten. Eine daraus folgende lagerübergreifende Konsensführung der FIA könnte laut Villars ja auch eine Chance für die Entwicklung des Motorsport sein. Ihr Anwalt wertet jedenfalls bereits die Zulassung der Eilklage als Erfolg: Das Gericht habe die Vorwürfe der Klägerin – etwa Verstöße gegen Statuten und Wahlregeln – als ernsthaft eingestuft.
Ex-Kandidat Tim Mayer, der den Verband ebenfalls scharf kritisiert, unterstützt dabei die juristischen Bemühungen von Villars. Seine Kampagne unter dem Namen „FIAforward“ hatte zuvor eine Untersuchung bei der Universität Utrecht beauftragt. Deren Fazit: Die FIA verfüge nur auf dem Papier über demokratische Strukturen – in der Realität sei die Macht des Präsidenten kaum begrenzt. „Wir begrüßen Lauras Klage als wichtigen Schritt, um Transparenz und Demokratie innerhalb der FIA wiederherzustellen“, erklärte Mayer deswegen in einem Statement. Sein Team helfe Villars bei der juristischen Auseinandersetzung mit Know-how und Erfahrung.
Aber wieso scheiterten Villars und Mayer überhaupt in ihren Kandidaturen? Das Wahlverfahren bei der FIA ist komplex und durchaus für Sabotage oder Korruption anfällig. Denn die Statuten der FIA schreiben vor, dass die Herausforderer einen eigenen Kandidaten aus allen FIA-Regionen für das Vizepräsidenten-Amt im Weltrat in ihrer Wahlliste benennen müssen. Die Aufgabe scheiterte jedoch daran, dass die Automobilverbände der Region Südamerika nur eine Vertreterin nominierten, der für das Vizepräsidenten-Amt wahlberechtigt ist. Das ist die Brasilianerin Fabiana Ecclestone, Ehefrau des ehemaligen Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone, die bereits ihre Unterstützung für Bin Sulayem signalisiert hat. Andere stimmberechtigte Repräsentanten aus der Region Südamerika gibt es nicht. Somit können die Herausforderer von Bin Sulayem keine regelkonforme Wahlliste aufstellen. Der Amtsinhaber könnte sich nach aktuellem Stand ohne Gegenkandidaten zur Wahl stellen.
Und was sagt die FIA? Erst einmal gar nichts: „Aufgrund der Natur des Verfahrens können wir keine Stellungnahme abgeben.“ Im Hintergrund wird aber ganz schön gegen Villars gestichelt. Während Mayer als erfahrener Funktionär gilt, war die Schweizerin nämlich bislang nur in kleineren Rennserien aktiv und in Verbandskreisen weitgehend unbekannt. Der Vorwurf: Es gehe ihr selbst bloß um Macht und Selbstinszenierung. Außerdem hält man die Vorwürfe für unbegründet. Es sei ein „strukturierter und demokratischer Prozess“ und die geltenden Bedingungen zur regionalen Repräsentation der Vizepräsidenten seien nicht neu und bereits bei früheren Wahlen angewendet worden.
Bleibt die Frage, warum Laura Villars sich all das überhaupt antut? Ihr Ziel: die traditionsreiche Organisation mit neuen Impulsen für Jugendliche und Frauen zu beleben. „Die FIA muss wieder der Verband der Clubs und Lizenzinhaber sein. Mein Ziel ist eine Führung, die demokratischer, transparenter, verantwortungsbewusster ist und offen für Frauen sowie neue Generationen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Motorsport Vielfalt und Innovation braucht, um die jungen Generationen weltweit zu inspirieren“, sagt sie.
Was Villars sagt klingt auf jeden Fall gut. Denn mehr Diversität und Offenheit täten der FIA ohne jeden Zweifel gut. Deswegen ist es spannend, wie das Pariser Gericht heute entscheidet.
