Riesen-Krach noch vor dem Aufeinandertreffen zwischen Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln. Große Teile der aktiven Fanszene des Effzeh reisten bereits vor Anpfiff wieder aus der Bayer-Stadt ab. Der Grund dafür waren aus ihrer Sicht übermäßiger Kontrollen an den Einlässen. Einige Anhänger*innen und die Fanhilfe des Klubs sprachen dabei von Nacktkontrollen. Als Nacktkontrollen werden polizeiliche Maßnahmen bezeichnet, bei der sich Fans, wie der Name bereits vermuten lässt, vor dem betreten des Stadions oft tatsächlich vollständig entkleiden müssen, um von den Polizist*innen überall durchsucht werden zu können. Diese Kontrollen stehen nicht nur bei den aktiven Fanszenen als unverhältnismäßig in der Kritik.
Außerdem gibt es Berichte, wonach die Polizei den Köln-Fans ihre Fanschals abnehmen wollte, da diese „als Vermummung“ genutzt werden könnten. Diese Argumentation ist natürlich grundsätzlich weltfremd, aber im Dezember (!) noch mal viel mehr unverhältnismäßiger als ohnehin schon.
„Eine ganz wichtige Unterstützung wird heute auswärts leider fehlen. Die aktive Fanszene ist wieder abgereist. Grund dafür sind aus ihrer Sicht zu intensive Kontrollen beim Einlass“, schreibt der 1. FC Köln dazu auf Social Media. Der Verein steht nach eigenen Angaben in Kontakt mit Bayer 04 und den Behörden, „um Aufklärung zu betreiben“. Auch auf dem Fanzine „Geissblog“ war von „übergriffigem Verhalten“ bei den Kontrollen die Rede. Weitaus deutlicher wurde die Fanhilfe Köln. Sie schreibt: „Nachdem Nacktkontrollen stattgefunden haben, hat sich die aktive Fanszene entschieden, das Stadion geschlossen zu verlassen.“ Als die Nachricht die Runde machte, verließ auch die aktive Fanszene das Stadion, um sich zu solidarisieren. Trotz der Rivalität zwischen Köln und Leverkusen nicht überraschend, unter Ultras gilt in solchen Situationen der Grundsatz: „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“. Dennoch ist es natürlich ob der für beide Fanlager bekannten Brisanz des Spiels durchaus erwähnenswert.
Die Konsequenz: Rund 600 Köln-Fans sind nach Klub-Angaben sofort aus dem Stadion abgereist! Weitere hunderte Leverkusener folgten ihnen.
Die Polizei bestreitet, dass es zu Nacktkontrollen gekommen sei, will aber ihr sonstiges Vorgehen nicht kommentieren. Auch die Vereine, der 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen, geben an, noch keine weiteren Informationen zu haben. Leverkusen CEO Fernando Carro erklärte lediglich: „Das ist eine polizeiliche Maßnahme. Ich finde, man sollte in unserem Land schon der Polizei vertrauen.“ Diese Aussage ist jedoch insofern problematisch, als dass die Polizei des staatliche Gewaltmonopol in unserer Demokratie nur unter den Grundsätzen von Transparenz und Verhältnismäßigkeit tragen darf. Einsätze aufzuarbeiten ist darum kein Ausdruck von Misstrauen gegen Polizist*innen, sondern schlichtweg eine demokratische Notwendigkeit.
Bei Heimspielen des Meisters von 2024 war es im übrigen zuletzt immer wieder zu Aktionen gekommen, die nicht im Interesse der Auswärtsfans lagen. So sind im September rund 200 Fans von Borussia Mönchengladbach nach Ärger um eine Fahne abgereist. Den Dortmunder Fans wurden bei ihrem Gastspiel vor zwei Wochen Fahnen und Doppelhalter untersagt worden. „Bayer 04 Sicherheit: Totengräber der Fankultur“, hieß es als Reaktion darauf auf einem Banner in der Kurve der Leverkusener Fans.
Der heutige Vorfall erfolgt jedenfalls unmittelbar nach den erfolgreichen Fanprotesten gegen die geplanten Maßnahmen der IMK. Nach den Plänen der Innenminister*innen sollte es zukünftig sogar schon bei Verdachtsfällen die Möglichkeit geben, ein Stadionverbot auszusprechen. Aus Sicht der Fans das Ende der Unschuldsvermutung. Außerdem sollten Stadionverbote zukünftig an einer zentralen Stelle gespeichert und überwacht werden. Zudem wehrten sich die Fans gegen personalisierte Tickets und eine mögliche KI-gestützte Gesichtserkennung. FanLeben.de hat über die Hintergründe unter anderem an dieser Stelle ausführlich berichtet. In Folge der Proteste strichen die Innenminister*innen die Themen von der Tagesordnung. Vorbei aber – das zeigen die heutigen Ereignisse in Leverkusen – ist die Diskussion über Sicherheit in Stadion aber noch nicht.
