Tränen und ein neuneinhalb Stunden langer Flug ins Ungewisse: Damit begann Eishockey-Coach Rob Armstrong seinen neuen Job bei Düsseldorfer EG in der DEL 2. Dort ist er Assistenz- und Entwicklungstrainer an der Seite von Rich Chernomaz, der 2002 mit den Kölner Haien und 2004 mit den Löwen Frankfurt deutscher Meister und 2017 erneut mit den Löwen Frankfurt und 2019 mit den Ravensburg Townstars deutscher Zweitligameister geworden ist. Ein erfahrener Headcoach also. Für Rob Armstrong ist der Job hingegen etwas Neues: Bislang arbeitete er in Kanada, noch nie in Europa, als reiner Development-Coach. Das heißt: Während der Saison unterstützte er Spieler verschiedener Vereine in ihrer Entwicklung, in den Sommermonaten half er Profis, auch aus der weltbesten Liga NHL, dabei fit zu bleiben. Damit steht das Trainerduo der DEG – und insbesondere Rob Armstrong – irgendwie sinnbildlich für die aktuelle Situation des Traditionsvereins, der nach dem Abstieg aus der DEL eine komplett neue Mannschaft für eine Liga aufbauen musste, in der man bislang noch nie angetreten ist. In dieser Metapher steht Chernomaz für den alten Glanz, Armstrong für die aktuelle Aufgabe.

Aber wie baut man eine neue Eishockey-Mannschaft auf – und wie wird man im besten Fall mit ihr auch noch erfolgreich? In diesem Prozess geben die beiden Coaches aktuell spannende Einblicke. „Der erste Teil waren U23-Spieler“, erklärt Chernomaz beispielsweise, „das war kompliziert, weil die meisten Spieler schon unter Vertrag standen, als wir gestartet sind. Deswegen mussten wir schnell handeln. Der zweite Schritt war es, erfahrene deutsche Spieler zu finden. Der dritte Baustein sind Goalies und ‚Imports‘ gewesen. Da gibt es meist mehr Optionen als bei deutschen Spielern.“ Diese Hierachisierung ist vor allem wegen der strengen Kader-Regeln der DEL2 so wichtig: Denn mindestens zwei U21-Spieler müssen im Kader jeder Mannschaft stehen, weitere Spieler müssen unter 24 Jahre alt sein, außerdem dürfen nur vier Spieler pro Spiel eingesetzt werden, die keinen deutschen Pass haben. Da gibt es also ein heißes Rennen um die passenden Spieler.

Und wie lief die Kaderplanung dann ab? Vor allem nachts: „Rick (Aman, Geschäftsführer, Anm. d. Red.) war in Dubay, Andy (Niederberger, ebenfalls Geschäftsführer, Anm. d. Red.) in Deutschland ich auf Vancouver Island. Neun Stunden Zeitunterschied nach Deutschland, noch mal zwei nach Dubai. Wir hatten täglich stundenlange Videomeetings. Immer wenn wir fertig waren, habe ich Spieleragenten angerufen. So ist das sechs Wochen lang gelaufen, bis wir ein Gerüst zusammen hatten. Für mich war das eine große, aber super spannende Herausforderung. Rick und Andy sind komplett an Bord gewesen. Wir hatten einen soliden Etat zur Verfügung, mit dem wir ein konkurrenzfähiges Team aufbauen konnten“, erinnert sich Chernomaz. Der folgenden Auswahlkriterien betont: „Aus meinen Meisterjahren habe ich gelernt: Bei älteren Spielern ist die wichtigste Frage nicht: ‚Wer ist der beste Spieler?‘, sondern: ‚Wer ist der beste Charakter?‘ Du brauchst gute Menschen in der Kabine.“ Und dabei, die suchen, ließ sich der Coach ein gewichtiges Mitspracherecht einräumen: „Als Düsseldorf angefragt hat, habe ich ein paar Bedingungen gestellt. Bei meinen letzten Jobs in Deutschland bin ich oft der Feuerwehrmann gewesen – ich bin reingekommen, wenn es schon gebrannt hat, und habe einen Scherbenhaufen aufräumen sollen. Deswegen war es mir bei der DEG wichtig, dass ich erstens einen Zweijahresvertrag bekomme und zweitens ein großes Wort bei der Kaderplanung mitreden kann – in enger Abstimmung mit Rick und Andy. Und drittens: Wir arbeiten als Team und gehen alle in die gleiche Richtung.“

Aber wie wird man mit einer ganz neuen Mannschaft erfolgreich? Fakt ist: Nach 19 Spielen liegt die DEG mit 30 Punkten auf Platz fünf und damit einen Platz hinter dem vierten Platz, der noch für das Heimrecht in den Play-offs berechtigen würde. Und zwei Mannschaften, die Eispiraten Regensburg und die Blue Devils Weiden, haben aktuell zwei Spiele weniger als Düsseldorf absolviert und könnten somit noch an der DEG vorbeiziehen. Für Coach Chernomaz ist das kein Grund zur Sorge: „Ich habe vor allem gelernt, dass es drei Saisons gibt: Vorbereitung, Hauptrunde und Play-offs. Meister wirst du nur in der letzten. Bis dahin brauchst du eine gesunde Mannschaft, die zum richtigen Zeitpunkt ihr bestes Hockey spielt.“ Es ist also noch alles möglich.

Und deswegen arbeiten Chernomaz und Armstrong jeden Tag hart mit ihrer Mannschaft. Wenn sie nicht gerade das Leben in Düsseldorf genießen. Denn auch die Frage, ob sich der Wegzug von der Familie sich gelohnt hat, ist ja keine ganz unwichtige – Rob Armstrong hat eine Frau und zwei Söhne, die in Kanada geblieben sind. Aber Armstrong sagt: „Ich geniße es hier sehr. In Düsseldorf ist die Lebensqualität hoch.“ Noch höher, wenn die DEG gewinnt und wieder um den Aufstieg spielt.

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Von admin