Der deutsche Fußball hat seine 50+1-Regel. Das bedeutet: Die Vereine haben das letzte Wort. Im Eishockey gibt es diese Regel nicht. Das heißt: Investor*innen entscheiden. Bei den Eisbären Berlin, dem Nachfolgeklub des Berliner Traditionsvereins Dynamo Berlin, ist das ein US-Unternehmen, die Anschatz Entertainment Group. Immer wieder steht diese im Konflikt mit den Fans. Aber welche Möglichkeit, haben die Fans, sich da Gehör zu verschaffen? FanLeben.de fast zusammen.
Wer bei den Eisbären Berlin mitreden will, findet dafür erstaunlich geordnete Wege. Jahrelang galt der frei gewählte Fanbeirat als Besonderheit in der DEL. „Das einzige Fanvertretungs-Gremium, welches frei von allen Fans wählbar ist“, stellten die Beiräte 2015 selbstbewusst fest. Es sei „Sprachrohr der Fans“ – unabhängig, ehrenamtlich, ohne Ernennung durch den Klub. 2016 änderte sich die Struktur. Auf einem Fanstammtisch bestätigten die Anwesenden eine neue Form der Vertretung: Der damalige Fanbeirat verabschiedete sich, die „Mittler“ übernahmen – gewählt von den Fans, aber mit deutlich umrissener Rolle.
Seither fungieren die FanMittler als Scharnier zwischen Halle und Geschäftsstelle. Sie holen Informationen ein, „wirken beratend“, treffen aber „keine richtungsweisenden Absprachen“. Entscheidungen fallen – basisdemokratisch – auf den regelmäßigen Fanstammtischen, wo „jeder Fan dasselbe Stimmenrecht“ hat. Wie scharf Fans in Berlin ihr Mandat auslegen, zeigte sich in Konflikten. Als 2013 Ticketpreise kräftig steigen sollten, organisierte die Kurve einen Boykott. „Wir sind abhängig davon, dass 4000 Fans in der Kurve stehen und Terror machen„, sagte Profi Constantin Braun. Darin liegt die Macht der Fans: In ihrer Lautstärke und Sichtbarkeit – und darin, dass Eishockey ohne sie kein Geschäftsmodell ist.
Ein Jahr später wurde die Fanvertretung politisch. Vor dem Benefizspiel gegen die „Gazprom Export Allstars“ forderte der Fanbeirat die Absage. „Der Fakt, dass sich dieses Unternehmen als Sportförderer präsentiert, ist Ablenkung von politischen Verbindungen“, zitierte die taz aus dem offenen Brief. Und weiter: „Wenn das Recht auf freie Meinungsäußerung außer Kraft gesetzt wird können wir dieses Spiel weder gutheißen noch unterstützen.“ Der Klub kündigte eine Antwort an, doch das Spiel fand trotzdem statt. „Meine Frau ist Ukrainerin ich bin gegen das, was Putin tut“, schrieb ein Fan öffentlich. Die Fan-Mitsprache muss also so zusammengefasst werden: sichtbar und laut. Aber die Entscheidungsmacht liegt ausschließlich beim Klub.
Die FanMittler „repräsentieren“ also die Fans, haben aber „keine Entscheidungsbefugnis“. Wo der Verein Preisgestaltung, Sponsoring oder Sicherheitsfragen definiert, endet der Einfluss der Kurve. Unterm Strich ergibt sich darum ein nüchternes Bild: Berlin hat für Fans sichtbare, zugängliche Kanäle – frei gewählt, offen, ritualisiert. In Momenten öffentlicher Kontroverse können sie Druck entfalten; manchmal so, dass der Klub reagieren muss oder will. Doch die Grenzen sind klar gezogen: Budget, Preise, Sponsoren, sicherheitsrelevante Abläufe – all das bleibt Hoheit der EHC-Eisbären-Management GmbH. Mitsprache heißt hier: organisiert Einfluss nehmen, Öffentlichkeit schaffen, Kompromisse verhandeln. Macht ist ein Vakuum.