Was bitte ist im Deutschen Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) los?

Zuerst die Fakten: Die zweifache Weltmeisterin Rebecca Langrehr zieht aufgrund der anhaltenden Konflikte im Verband in die USA. Die 27-jährige Olympiateilnehmerin wird noch dieses Jahr nach Charlotte, North Carolina, übersiedeln und Deutschland künftig nicht mehr international vertreten. „Ich bin sehr traurig, dass ich nicht mehr für Deutschland starten kann. Aber daran ist der Verband schuld“, bestätigt die Athletin ihren Entschluss.

Freiwillig aber wechselt Langrehr nicht. Aufgrund eines bislang ungeklärten Konflikts mit dem Verband wurde Langrehr vor Kurzem aus sämtlichen Kadern ausgeschlossen, wodurch sie zum 31. Oktober auch ihre Stelle bei der Bundeswehr verlor. Sie sei „aktiv überall rausgeschmissen“ worden, macht Langrehr klar. An ein Karriereende denkt sie nicht mehr, stattdessen nahm sie das Angebot aus den USA an. Sie sagt: „Die USA wollen mich als Athletin, dort werde ich gewertschätzt. Ich habe die Chance ergriffen, als klar war, dass ich im deutschen Verband nicht gewollt werde.“

Doch der Rausschmiss von Rebecca Langrehr ist kein Einzelfall – und spätestens jetzt wird es pikant. Denn neben Langrehr flog auch Patrick Dogue aus allen Kadern. Dogue und Langrehr – und das macht es so pikant – sind dabei die beiden Athlet*innensprecher im Modernen Fünfkampf. Und Dogue steht sogar unmittelbar vor dem Karriereende. Der 33-jährige hat nämlich ebenfalls auch seine Stelle bei der Sportförderung der Bundeswehr verloren. „Erzwungenermaßen“ werde er seine Laufbahn beenden müssen, erklärte der frühere Staffel-Weltmeister.

Worum aber geht es eigentlich? Fest steht: Der DVMF ist seit langem in zwei Lager gespalten. Der frühere Präsident wurde zwischenzeitlich aus dem Verband ausgeschlossen, der Posten des Finanzvorstands blieb unbesetzt – übrig blieb allein ein Vizepräsident, der die Aufgaben so nicht mehr satzungsgemäß erfüllen konnte. Die Folge: Wettkämpfe konnten sich stattfinden, Fördermittel wurden nicht ausbezahlt. Das Amtsgericht Darmstadt griff schließlich ein und bestellte mit einem Beschluss einen Notvorstand. In diesem Notvorstand war jedoch nur eines der beiden Lager vertreten – und eben sich das von Langrehr und Dogue.

Die 27-Jährige sagt, sie habe als gewählte Aktivenvertreterin gemeinsam mit Patrick Dogue (33) immer wieder auf Satzungsverstöße und nicht regelkonformes Vorgehen hingewiesen. Ihre Beharrlichkeit sei in Teilen des zerrütteten DVMF „nicht gut angekommen und hat uns immer mehr und mehr ins Rampenlicht von denen gestellt, die gesagt haben: ‚Die wollen wir weg haben.‘“

In der Folge soll es sogar zu Mobbing gekommen sein. „Ich will nicht sagen, dass Beleidigungen ausgesprochen worden sind, aber ich wurde sehr diskreditiert“, sagt Langrehr. Die Olympiateilnehmerin von Tokio und Paris gilt neben Annika Zillekens als beste deutsche Fünfkämpferin der vergangenen Jahre. Sie sei aber „vom Männerbundestrainer und der damaligen Sportdirektorin“ so erniedrigt worden, „dass ich auch nicht mehr das Gefühl hatte, dass ich auch ansatzweise als das angesehen werde“. Die Folge: „Ich habe wirklich Probleme gehabt, überhaupt aufzustehen.“

„Es tut mir im Herzen weh. Aber die Situation ist für mich untragbar“, erklärte Athletensprecherin Langrehr den teilweisen Gang an die Öffentlichkeit. Bei einem außerordentlichen Verbandstag in Frankfurt am Main am Sonntag, auf dem eigentlich ein neues Präsidium gewählt werden sollte, eskalierte die Situation dann völligst. Langrehr und Dogue sollten auf Anweisung des DVMF-Vizepräsidenten Jan Veder von Sicherheitskräften aus dem Versammlungsraum des Landessportbundes Hessen geführt werden. Hintergrund ist die jüngst durch den Notvorstand veranlasste Neuwahl einer Athletenvertretung. Vergangene Woche hatte der Verband die Wahl von Moriz Klinkert und Amaya El-Masri bekannt gegeben, deren Bestätigung durch den Verbandstag jedoch noch ausstand. Zum Beginn des außerordentlichen Treffens in Frankfurt/Main saßen schließlich Langrehr, Dogue und Klinkert gemeinsam als Athletensprecher und Präsidiumsmitglieder auf dem Podium. Langrehr und Dogue halten die Nominierung von Klinkert und El-Masri wiederum für satzungswidrig – dabei folgte ihnen die Mehrheit des Verbandtages, die die beiden Neuen nicht bestätigte. Immerhin bei ihrem versuchten Rauswurf aus dem Sitzungsaal gibt es gute Neuigkeiten: „Das hat sich inzwischen geklärt. Er hat sich auch dafür entschuldigt“, sagte Dogue über Veder.

Was bleibt ist dennoch ein zerstrittener Verband, der nicht nur zwei seiner stärksten Athlet*innen verloren hat, sondern auch noch probierte, sie an den Rand ihrer materiellen Existenz zu bringen.

Solange nicht alle Vorwürfe von beiden Seiten aufgeklärt werden, beziehungsweise keine Seite konkret benennt, um welche inhaltlichen Anschuldigungen es geht, ist es natürlich schwer, ein umfassendes Urteil zu ziehen. Aber klar ist: Moralisch hat der DVMF tiefe Lücken offenbar werden lassen.

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Von admin