Manchmal schreibt der Fußball rund um einzelne Spiele ganz besondere Geschichten – absurd oder bewegend. Auf FanLeben.de rekonstruieren wir diese Geschichten und halten so die Erinnerung am Leben. Nachdem wir bislang über das Spiel Barbados und Grenada 1994, bei dem beide Mannschaft unbedingt ein Eigentor erzielen wollten, die Rückkehr von Erzgebirge Aue auf die internationale Bühne, über die tragische Geschichte der torreichste Begegnung aller Zeiten und eine Zahnlücke, die einst ein Spiel entschied, berichtet haben, geht es heute um einen Hund. Los gehts!

Ein Tier, ein Torjäger, ein Gentleman – und ein Moment, den die FIFA-Regeln nicht kannten
Es war der 7. Juni 1962, ein klarer Wintertag im chilenischen Rancagua. Die Fußball-Weltmeisterschaft war in vollem Gange, und im Estadio El Teniente trafen England und Brasilien in der Vorrunde aufeinander. Pelé, Garrincha, Vavá – die Südamerikaner waren die Attraktion, die Engländer mit Bobby Charlton und Jimmy Greaves die Herausforderer. Doch an diesem Nachmittag gelang es nicht einem Star, die Schlagzeilen zu erobern. Es war ein streunender Hund.

Der ungeplante „Zwölfe“ auf dem Feld

Mitte der ersten Halbzeit passierte es: Ein kleiner, brauner Hund schlich sich durch eine Lücke am Spielfeldrand aufs Feld. Erst trottete er zögerlich zwischen den englischen Verteidigern herum, dann lief er plötzlich quer durch den Strafraum der Brasilianer. Das Spiel ging weiter – der Schiedsrichter pfiff nicht ab, obwohl nach den damaligen wie heutigen Regeln (Regel 5: Schiedsrichter, Regel 3: Zahl der Spieler) ein „Außeneinfluss“ wie ein Tier den Ballkontakt hätte unterbrechen müssen.

Die Zuschauer im Estadio jubelten, die Kameras fingen die Szene ein. Auf einmal war der Hund der Star. Spieler versuchten lachend, ihn einzufangen – doch ohne Erfolg.

Jimmy Greaves und die vielleicht peinlichste Minute seiner Karriere

Der englische Torjäger Jimmy Greaves, bekannt für seinen Instinkt im Strafraum, dachte, er könnte die Situation charmant lösen. Er kniete sich hin, öffnete die Arme, pfiff und lockte den Hund. Und tatsächlich: Der Vierbeiner kam angerannt – nur um dann, vor Zehntausenden Zuschauern und live im WM-Fernsehen, an Greaves’ Trikot zu pinkeln.

Das Stadion explodierte vor Lachen. Garrincha, der brasilianische Offensivkünstler, kugelte sich buchstäblich vor Freude.

Regeltechnisch betrachtet

Nach heutigen FIFA-Regeln wäre der Fall eindeutig: Regel 5, Abschnitt „Außeneinwirkungen“: Der Schiedsrichter muss das Spiel unterbrechen, wenn ein Tier oder Zuschauer den Ball berührt.

Der Schiedsrichter hätte das Spiel damals mit Schiedsrichterball fortsetzen müssen.

1962 war das Regelwerk weniger präzise formuliert. Schiedsrichter Juan Gardeazábal aus Spanien ließ weiterspielen – vielleicht, weil der Hund keinen direkten Einfluss auf den Ball hatte. Heute undenkbar.

Der Hund, der zum Maskottchen wurde

Nach der Partie ging es ebenso kurios weiter: Garrincha soll den Hund adoptiert und mit nach Hause genommen haben. Belege sind spärlich, aber die Geschichte hält sich hartnäckig und wurde Teil der WM-Folklore. Der Hund bekam angeblich sogar einen Namen: „Bi“.

England schied im Viertelfinale aus, Brasilien wurde erneut Weltmeister – mit Garrincha als überragender Figur. Doch was in Erinnerung blieb, war auch jener kleine Straßenköter, der für ein paar Minuten die Regeln außer Kraft setzte und den Stars die Show stahl.

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Von admin