„Es gibt bereits eine besondere Verbindung zwischen Norwegen und Manchester City durch Erling Haaland und Oscar Bobb, und ich bin sehr stolz darauf, der jüngste norwegische Spieler zu sein, der sich dem Verein angeschlossen hat“, mit diesen Worten begründete Sverre Nypan, gerade mal 18 Jahre alt, seinen Wechsel von Rosenborg Trondheim zu Manchester City.

Nypan gilt seit Jahren als Toptalent, das größte norwegische seit Martin Ödegaard oder eben Erling Haaland. So debütierte Nypan im November 2022 bereits im Alter von 15 Jahren in der ersten Mannschaft von Rosenborg und entwickelte sich direkt zum Stammspieler und Leistungsträger. Nach 70 Partien mit 14 Toren und elf Vorlagen zieht es ihn nun weiter. Knapp unter 13 Millionen Pfung läst sich City den Transfer wohl kosten – Rekordtransfer der norwegischen Liga wird Nypan mit dieser Summe nicht.

Und die Geschichte des bisherigen Rekordtransfer der Eliteserien lief keinesfalls so harmonisch ab, wie der Wechsel von Sverre Nypan zu den Skyblues – im Gegenteil: Es ist eine der spektakulärsten Transfergeschichten aller Zeiten. Und sie beginnt ein Jahr vor Nypans Geburt. Zeit, diesen Wechsel zu rekonstruieren. Es geht um den Wechsel von John Obi Mikel aus Oslo nach England.

Und der verlief so:

John Obi Mikel, Geboren 1987 in Jos, Nigeria, fiel bereits früh durch sein Spielverständnis und seine Übersicht im zentralen Mittelfeld auf. Sein Talent wurde der weltweiten Fußballöffentlichkeit so zum Beispiel bei der FIFA U-17-Weltmeisterschaft 2003 sichtbar. Bei der Nachwuchs-WM wurde dann insbesondere der norwegische Erstligist Lyn Oslo auf ihn aufmerksam. Ein Jahr später wechselte Mikel im Alter von 17 Jahren aus der Football Academy Nigeria nach Norwegen, ein damals eher ungewöhnlicher, aber für Mikel strategisch kluger Schritt, um früh den europäischen Markt zu betreten. Bei Lyn Oslo kam der junge 8er dann auch schnell zum Einsatz und galt so rasch in Skandinavien als vielversprechendes Ausnahmetalent. Klar, dass so jemand nicht lange in Norwegen spielt, sondern alsbald den Schritt in eine noch größere Liga geht. So auch John Obi Mikel – und jetzt wird es kurios.

Im April 2005 verkündete nämlich zuerst Manchester United, Mikel verpflichtet zu haben. Der Klub präsentierte ihn sogar in einer Pressemittelung, inklusive Foto mit dem Trikot der Red Devils. Die Ablösesumme sollte bei rund 4 Millionen Pfund gelegen haben. Doch bereits kurz nach dieser Vorstellung meldete sich Mikel aus Oslo mit einer schockierenden Aussage: Er habe den Vertrag unter Druck unterschrieben und wolle lieber für den FC Chelsea spielen.

Was war geschehen?

Laut mehreren Quellen wurde der damals 18-Jährige ohne das Wissen oder die Anwesenheit seines Beraters John Shittu nach Manchester gebracht. Dort wurde ihm angeblich vermittelt, dass eine Einigung mit Lyn vorliege und er ohnehin wechseln müsse – ob er wolle oder nicht. Der Wechsel wurde offiziell, obwohl Mikel sich offenbar unter Druck gesetzt fühlte. Chelsea reagierte prompt: Man sei sich bereits zuvor mit dem Spieler einig gewesen und habe nie zugestimmt, dass Mikel zu United gehe.

United wiederum bestand darauf, dass der Wechsel rechtmäßig sei – schließlich habe Mikel einen gültigen Vertrag unterschrieben. Die britische Boulevardpresse titelte damals vom „Transfer-Drama“, einem Kampf über den Kopf einen jungen Menschen hinweg. Zwischen den beiden damals größten Klubs im brittischen Fußball drohte ein Konflikt, der den Fußball überschattete. Immerhin wurde hier das Leben eines Menschen vermarktet, offenbar gegen dessen Willen.

Mikel, der sich zu dieser Zeit in England aufgehalten hatte, reiste offiziell jedenfalls erst einmal zurück nach Norwegen. Bis Juni 2006 stand er offiziell im Kader von Lyn Oslo. Nach seiner vermeintlichen Rückkehr nach Oslo wurde er dann aber plötzlich als vermisst gemeldet. Später stellte sich heraus, das sich Mikel die ganze Zeit über in London befand, unter dem Schutz von Chelsea und seinem Berater Shittu. Mikel stand zwar weiter in Norwegen im Kader, wurde aber aufgrund des Rechtsstreit freigestellt. Mourinho sprach sich in dieser Zeit immer wieder persönlich für Mikel aus und unterstützte die rechtlichen Bemühungen, den Spieler zum FC Chelsea zu holen.

Manchester United aber zweielte die Rechtmäßigkeit eines Transfers Mikels zu Chelsea aber weiter an. Der Streit eskalierte in der Folge bis auf die internationale Bühne: Die FIFA leitete eine Untersuchung ein. Manchester United bestand auf seinem Vertrag, Chelsea pochte weiter auf eine Vorvereinbarung. Lyn Oslo saß zwischen den Stühlen. Der Fall drohte darum vor ein Schiedsgericht zu gehen. Zum Sommertransferfenster 2006 – dem Geburtsjahr Nypans – einigten sich Chelsea und ManUnited dann jedoch doch noch auf einen Vergleich: Die vier Millionen Pfund Ablöse an Lyn Oslo übernahm Chelsea, das außerdem eine Entschädigung an Manchester United zahlen musste – 12 Millionen Pfund. John Obi Mikel wechselte somit im Sommer 2006 nach London und spielte fortan für die Blues. Sogar mit Stammplatz, obwohl er davor ein Jahr lang kein offizielles Spiel bestreiten konnte. Rasch wurde er ein wichtiger Baustein in Mourinhos System, gewann u.a. 2012 die Champions League, zwei Premier-League-Titel und vier FA Cups.

Diese sportliche Erfolgsgeschichte möchte Sverre Nypan nun auch mit Manchester City: „Ich bin unglaublich glücklich und stolz, dass ich zu Manchester City gewechselt bin. Es ist ein Traum für jeden jungen Fußballer, Teil dieses Klubs zu werden und sich einer solchen Gruppe von Weltklasse-Talenten anzuschließen. Ich bin noch sehr jung und muss noch viel lernen, aber die Chance, von Pep Guardiola, dem besten Trainer der Welt, trainiert zu werden, wird mir nur helfen, ein besserer Spieler zu werden.“ Das kann eine Erfolgsgeschichte werden – ohne jeden bitteren Beigeschmack.

Gut, dass dieser Transfer so reibungslos lief.

Doch Geschichten wie die von John Obi Mikel sind bis heute keine Seltenheit. FanLeben.de hat hier bereits auch über einen anderen Fall berichtet. Es braucht dringend bessere Regeln um junge Menschen im Fußball zu schützen. Denn Fakt ist: Niemals dürfen die Hoffnungen junger Spieler Gier und Geltungsdrang von Investorenklubs und zwielichtigen Vermittlern geopfert werden.

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Von admin