Wer erinnert sich: Vor ein paar Jahren planten die Bosse der prestigeträchtigsten Fußballvereine Europas, allen voran Real-Madrid-Präsident Florentino Perez, die Gründung einer Super-Liga, die sie passenderweise auch noch „Super League“ nennen wollten. Die Idee: Statt sich weiter in den nationalen Ligen abzumühen, wo es manchmal sogar gegen wenig renommierte Mannschaften geht, wollten sie eine weitestgehend geschlossene Liga gründen. Daran teilnehmen sollten nur sie selbst. Und vielleicht noch ein paar Mannschaften, die sich mit Wildcards oder über Erfolge in den nationalen Ligen qualifizieren. Das Ziel: Einen Wettbewerb schaffen, in dem es nur Knallerspiele gibt. Der sportlich vielleicht etwas ausgeglichener, in jedem Fall aber spektakulärer ist. Aber vor allem: Den man noch besser vermarkten kann – insbesondere in die „neuen“ TV-Märkte USA, Saudi-Arabien oder Südkorea. Aus Deutschland war bei diesem Vorstoß zum Glück kein Team dabei, selbst die Bayern bekannten sich zur Bundesliga.

Im Basketball hingegen ist eine solche Super-Liga längst Realität. Und verdammt erfolgreich. Die EuroLeague hat die klassische Champions League längst überrundet – was Umsätze, Zuschauer*innen und auch das sportliche Niveau angeht. Auch hier gründeten die Spitzenklubs die Alternative zu den klassischen Verbandsstrukturen selber. Doch anders als die UEFA im Fußball, die solche Pläne blockiert und bekämpft, schlägt die FIBA, als kontinentaler Dachverband im Basketball, jetzt zurück: Sie plant die Gründung ihrer eigenen Super-Liga – zusammen mit der amerikanischen NBA.

Doch bevor wir darauf eingehen, was im Basketball jetzt geplant ist, klären wir erstmal ein paar Begrifflichkeiten und schauen uns die Geschichte der Wettbewerbe an.

Wer sind ULEB und EuroLeague?

Die ULEB, kurz für „Union of European Leagues of Basketball“, ist ein Zusammenschluss nationaler Basketballligen in Europa, der im Jahr 1991 mit dem Ziel gegründet wurde, die Interessen professioneller Klubwettbewerbe gegenüber internationalen Verbänden wie FIBA zu vertreten. Aus diesem Zusammenschluss heraus entstand die EuroLeague in ihrer heutigen Form, als im Jahr 2000 führende europäische Clubs die Organisation des höchsten kontinentalen Wettbewerbs selbst in die Hand nahmen. Die Gründung dieser eigenständigen Liga markierte eine Abkehr von der damaligen FIBA European Champions‘ Cup-Struktur und etablierte ein geschlossenes Ligasystem mit langfristigen Startrechten für sogenannte A-Lizenz-Clubs wie Real Madrid, FC Barcelona oder Panathinaikos Athen. Heißt: Es gibt keine direkte Qualifikationsmöglichkeit für interessierte Vereine, bekannte Basketballmarken hingegen sind unabhängig von ihren Erfolgen oder Abstürzen in den nationalen Ligen dauerhaft gesetzt – ähnlich wie es auch bei der neuen Super League im Fußball diskutiert wurde.

Heute gilt die EuroLeague als prestigeträchtigster Vereinswettbewerb im europäischen Basketball. Der Modus umfasst eine reguläre Saison mit 18 Teams, die in einer Liga im „Jeder-gegen-jeden“-Format mit Hin- und Rückspielen antreten. Die acht besten Teams qualifizieren sich anschließend für die Playoffs, die im Best-of-Five-Format ausgespielt werden. Die vier Sieger erreichen das Final Four, das an einem zentralen Ort ausgetragen wird und den europäischen Champion kürt.

Trotz ihres sportlichen Erfolgs steht die EuroLeague aufgrund ihrer teils geschlossenen Struktur immer wieder in der Kritik, da sie den Zugang für nationale Meister einschränkt und das klassische Auf- und Abstiegssystem europäischer Sporttraditionen unterläuft. Die ULEB wird darum häufig auch als Elitenprojekt der Topvereine kritisiert.

Wer sind FIBA und Champions Cup?

Die FIBA, der Weltbasketballverband mit Sitz in der Schweiz, ist seit ihrer Gründung im Jahr 1932 die oberste Institution des internationalen Basketballs. In Europa agiert sie über die kontinentale Organisation FIBA Europe, die für Nationalmannschaften sowie internationale Vereinswettbewerbe zuständig ist. Über Jahrzehnte hinweg war die FIBA auch maßgeblich für die Organisation des höchsten europäischen Vereinswettbewerbs verantwortlich, dem FIBA European Champions Cup, der 1958, als Gegenstück zum Europapokal der Landesmeister im Fußball, ins Leben gerufen wurde.

Der Champions Cup war bis zum Jahr 2000 das prestigeträchtigste Turnier des europäischen Vereinsbasketballs und brachte zahlreiche legendäre Clubs wie Jugoplastika Split, Maccabi Tel Aviv oder CSKA Moskau an die europäische Spitze. Mit der Abspaltung führender Vereine und der Gründung der EuroLeague unter ULEB-Regie verlor die FIBA jedoch ihre Vormachtstellung im Klubbereich.

Als Reaktion darauf wurde 2016 die Basketball Champions League der FIBA gegründet. Sie versteht sich ausdrücklich und in Abgrenzung zur allein auf kommerzielle Erfolge ausgerichteten EuroLeague als offener, sportlich meritokratischer Wettbewerb im Gegensatz zu deren weitgehend geschlossenen Struktur. Deswegen basiert die Teilnahme an der Champions League auf nationaler Qualifikation: Clubs müssen sich über ihre Ligaergebnisse für den Wettbewerb qualifizieren. Dadurch nehmen in der Champions League deutlich mehr Mannschaften aus einer größeren Bandbreite europäischer Länder teil, darunter auch Meister und Vizemeister aus weniger finanzstarken Ligen wie Belgien, Tschechien oder Schweden. Der Wettbewerb umfasst eine Qualifikationsrunde, eine Gruppenphase, ein Achtelfinale, Viertelfinale und ein abschließendes Final Four. Obwohl das sportliche Niveau punktuell hoch ist und einzelne ehemalige EuroLeague-Clubs wie AEK Athen oder Lenovo Teneriffa den Titel gewinnen konnten, gilt die Champions League nach wie vor als zweite Kraft im europäischen Klubbasketball.

Die FIBA hat darüber, abseits von Europa- und Weltmeisterschaften, auch sportpolitisch massiv an Einfluss verloren, auch wenn sie dennoch eine wichtige Instanz für die sportpolitische Regulierung und internationale Zusammenarbeit im europäischen Basketball ist.

Eine europäische NBA: Das ist geplant

Ideell reicht der Gedanke, eine professionelle NBA-Liga in Europa zu gründen, Jahrzehnte zurück — bereits unter früheren NBA-Commissionern wie David Stern wurden solche Expansionsmöglichkeiten diskutiert. Aktiv und systematisch verfolgt wird das Projekt jedoch erst seit rund zwei Jahren. Laut offizieller Angaben haben NBA und FIBA ihre Gespräche bereits über ein Jahr vor der öffentlichen Vorstellung der Pläne im März diesen Jahres geführt.

Der Vorstoß geht dabei von NBA-Commissioner Adam Silver aus. Er entwickelte erste Konzepte, reiste im Januar 2025 nach Paris und traf sich mit europäischen Clubs, Investoren und FIBA-Chef Andreas Zagklis. Der witterte dabei sofort die Chance, gegen die ULEB und ihre schier übermächtige EuroLeague zurückzuschlagen und die standesgemäße Stellung der FIBA als Nummer eins im europäischen Basketball zurückzugewinnen.

Ein gemeinsam mit der FIBA entwickeltes Konzept sieht eine Liga mit etwa 16 Teams vor, darunter, wie in der EuroLeague, rund 12 permanente Franchises plus vier Clubs mit jährlicher Qualifikation, entweder direkt über nationale Ligen oder FIBA-Wettbewerbe wie die bestehende Champions League.

Im Fokus stehen europäische Topclubs wie Real Madrid, FC Barcelona, ASVEL (Tony Parkers Klub in Villeurbanne)undFenerbahçe Istanbul, die potenziell in die neue Liga wechseln könnten. Gleichzeitig laufen Gespräche mit großen europäischen Fußballvereinen wie Paris Saint-Germain (Qatar Sports Investments), Olympique Marseille, dem FC Arsenal, dem FC Chelsea, den Tottenham Hotspurs und Manchester City, um franchisebasierte Teams in Märkten wie Paris, London, oder Manchester zu etablieren. Bis zu 500 Millionen Euro sollen neue Teams dabei zahlen müssen, um in der Liga an den Start gehen zu dürfen. Auch Finanz- und Strategieberater sind bereits engagiert.

Aus Deutschland stehen mit ALBA Berlin und der FC Bayern Basketball zwei bereits etablierte Marken im Fokus. George Aivazoglou, „Managing Director“ der NBA für Europa und den Mittleren Osten, sagt sogar: „Alba ist eine großartige Organisation, die sehr gut geführt und geplant ist. Wir haben noch keine konkreten Gespräche mit ihnen geführt, aber ich denke, Berlin ist eine wirklich interessante Stadt, und Alba ist das Team, das diese Stadt repräsentiert.“

Doch würde das neue Basketball-Produkt überhaupt von den Fans angenommen? Das gilt es zu testen: Für Januar 2026 sind bereits zwei reguläre NBA-Spiele in Deutschland (Berlin) und England (London) geplant. Weitere Spiele in Manchester und Paris 2027 sowie Berlin und Paris 2028 sollen folgen und die Marktreife untermauern. 2028 könnte die NBA Europe dann auch selbst an den Start gehen.

Einen Unterschied zur Fußball-Idee einer Super-Liga gibt es hier aber doch: Nach aktuellem Stand sollen die geplanten NBA-Europe-Vereine nicht aus ihren nationalen Ligen ausscheiden, sondern nur auf eine Teilnahme an der konkurrierenden EuroLeague verzichten. Das geht aus mehreren Berichten und Äußerungen von Beteiligten hervor, etwa von NBA-Commissioner Silver oder FIBA-Generalsekretär Andreas Zagklis. Es ist also kein Angriff auf die nationalen Ligen, sondern allein auf die EuroLeague.

Probleme für Spieler, nationale Ligen und Nachwuchsarbeit

Trotzdem ist es keinesfalls unproblematisch, dass die FIBA eine eigene Super-Liga gründen will. Denn ihre Aufgabe ist es nicht, möglichst viel Geld zu verdienen oder Prestigegewinne gegenüber Vereins-Verbänden zu erzielen, sondern die nachhaltige Entwicklung des Basketballs zu fördern und so seine Zukunft zu sichern. Und da würde eine europäische NBA durchaus zu Problemen führen.

Zum einen ist der europäische Markt bereits durch bestehende Wettbewerbe wie die EuroLeague, EuroCup, Basketball Champions League und nationale Ligen stark ausgelastet. Viele Clubs stehen ohnehin unter hohem finanziellen Druck und sehen sich mit langen Spielplänen, Reisen und Verletzungsrisiken konfrontiert. Eine zusätzliche Liga wie die NBA Europe würde den Kalender weiter verdichten und könnte kleineren oder mittelgroßen Vereinen endgültig die Wettbewerbsfähigkeit rauben.

Auch auf Nachwuchs- und Infrastruktur-Ebene könnte die Expansion problematisch sein. Eine NBA Europe mit hohen Franchisegebühren und US-zentrierter Vermarktung könnte die wirtschaftliche Kluft zwischen Eliten und Basis weiter vergrößern, ohne zwingend zur nachhaltigen Entwicklung des europäischen Basketballs beizutragen. Das Gefälle würde immer größer, die nationalen Ligen und Vereine, die existenziell sind für die Nachwuchsarbeit und damit die Zukunftsfähigkeit des Basketballs, verlören, ähnlich wie im Fußball durch die Klub-WM, immer weiter an Boden.

Gleichzeitig droht aber auch eine Übersättigung des Marktes, wenn sich Zuschauer*innen zwischen einem weiteren hochkarätigen Wettbewerb und den bestehenden Angeboten wählen müssen, TV-Sender sich ihr Budget einteilen müssen und neue Topteams um Sponsoren buhlen.

Kurzum: Ihrer Schutzfunktion für den Sport wird die FIBA so nicht gerecht – sie verfolgt vor allem das Ziel, die Kontrolle über den europäischen Basketballmarkt zurückzugewinnen.

Das sagen die Fans

Die Stimmung unter den Fans ist darum auch eher ablehnend. In Basketballforen ist oft zu lesen, dass „niemand“ eine europäische NBA bräuchte. Viele kündigen bereits an, einen solchen Wettbewerb zu boykottieren. Andererseits: Europa-Spiele der NBA sind jedes Mal aufs neue sofort restlos ausverkauft. Und auch die Zuschauerzahlen der EuroLeague stimmen – sowohl in den Hallen als auch vor dem Fernseher.

Im Basketball gibt es keine 50-Plus-Eins-Regel, die Topklubs gehören auch in Deutschland längst Investoren. Das verändert eine Sportart. Prioritäten verschieben sich, nicht der Sport oder seine Bedeutung für die Menschen steht im Mittelpunkt, sondern das Geschäft. Wenn man Entertainment will, kann einem das gefallen. Zumindest wenn man sich immer teurere Tickets und TV-Abos leisten kann.

Aber wenn es einem auch wichtig ist, dass Menschen zusammenkommen und Erlebnisse teilen können, dass der Sport über die Hallen hinaus etwas mit uns allen macht, dann muss einen dieser Trend besorgen.

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Von admin