Russischen Auswahlmannschaften im Fußball haben seit Beginn des Krieges an keinem großen Turnier teilnehmen dürfen. Auch russische Vereinsmannschaften sind von internationalen Wettbewerben wie der Champions League ausgeschlossen. Testspiele in Russland, wie vom FC Sion, sind die Ausnahme und ein Skandal – wie FanLeben.de hier bereits berichtet hat. UEFA-Präsident Aleksander Čeferin deutete kürzlich an, dass es bei der Suspendierung von Mannschaften bleibe, solange nicht zumindest ein Waffenstillstand vereinbart werde.

In anderen Sportarten sieht das längst wieder anders aus. Im Judo zum Beispiel dürfen selbst erwachsene Athlet*innen, diese Unterscheidung wird noch wichtig, wieder unter russischer Flagge antreten. Im Reitsport und beim Fechten dürfen Russ*innen nach langer Suspendierung jetzt überhaupt wieder starten, allerdings nur unter neutraler Flagge.

Doch auch im Fußball brökelt die Ausschlusspolitik gegenüber Russland bereits seit einiger Zeit. Bereits 2023 hatte nämlich das Exekutivkomitee der UEFA mit Ligapräsident Hans-Joachim Watzke und der Rat der FIFA mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf für die Wiederzulassung russischer U17-Teams und damit für die Rückkehr Russlands auf die internationale Fußball-Bühne gestimmt. Aber: Nachdem mehrere europäische Verbände daraufhin mit einem Boykott von Wettbewerben gedroht hatten, wurden die Beschlüsse ausgesetzt.

Nachdem nun jedoch der Vorstand des IOC Anfang Dezember angeregt hat, dass russische Junior*innen wieder unter der Flagge Russlands an internationalen Wettbewerben teilnehmen dürfen, sowohl mit ihren Vereins- wie auch mit den Nationalmannschaften, hat jetzt auch die FIFA offiziell nachgezogen. Und das mit einer Entscheidung, die erst einmal gar nicht so weitreichend, sondern vollkommen banal klingt: Bei seiner Sitzung in der katarischen Hauptstadt Doha bestätigte der Rat der FIFA nämlich lediglich, dass U15-Turniere für Jungen und Mädchen eingeführt werden. Die Einladung zur Teilnahme geht aber an sämtliche 211 Mitgliedsverbände – und damit auch an Russland. Denn trotz der Suspendierungen Russlands und aller russischen Mannschaften blieb der russische Fußballverband formal Mitglied von FIFA und UEFA und kann deswegen jetzt – fast geräuschlos – auf die internationale Fußballbühne zurückkehren.

FanLeben.de-Kommentar von Karl Jahn Boie: Die FIFA verpasst die Chance, sich tatsächlich für Frieden und Völkerverständigung zu engagieren

Und ja: Das Thema ist komplex. Denn natürlich ist es nicht fair, Kinder und Jugendliche, die keine Verantwortung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine tragen, vom internationalen Fußball auszuschließen – im Gegenteil, ist es vermutlich sogar unklug, das zu tun, weil es diese jungen Menschen weiter isoliert und damit in die Abhängigkeit von Russlands Präsident Wladmimir Putin und seinen Narrativen treibt.

Aber, dass russiche Mansnchaften jetzt wieder unter russischer Fahne an Fußballtunieren teilnehmen dürfen, wirkt andererseits wie ein Entgegenkommen der FIFA. Es wirkt wie ein Zurückrudern während Russlands Kriegsführung immer noch bestialisch und ihr Vorgehen immer noch ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht ist. Gerade während die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten Probleme damit haben, ihren Standpunkt zurecht auch gegen den amerikanischen Präsidenten Trump durchzusetzen, der einfach um jeden Preis einen Friedens-Deal zu wollen und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine dabei zu ignorieren scheint, ist so ein Signal fatal.

Was bitte hätte dagegen gesprochen, den russischen Jugendmannschaften zwar eine Teilnahme, aber diese lediglich unter neutraler Flagge zu ermöglichen? Dann wären sie bei Tunieren dabei, würden Mannschaften aus aller Welt kennenlernen, aber gleichzeitig mit der friedens- und freiheitsfeindlichen Politik des russischen Regimes konfrontiert. Die Botschaft an sie wäre: ‚Putins Politik lehnen wir ab, nicht Euch als Menschen‘, es wäre das empowernde Signal, dass die Welt an die russische Zivilbevölkerung glaubt, daran, dass sie ein anderes Russland gestalten kann.

Die FIFA hat einen „Friedenspreis“ geschaffen – und ihn direkt Mal Donald Trump verliehen. Immerhin: Sie weiß also, dass sie den Preis nicht selbst verdient hat. Andererseits beweist sie damit – und mit ihrem Vorgehen hier – dass sie auch keine Ahnung davon (oder keine Bereitschaft dazu) hat, wie sie die unbestreitbare Macht des Fußballs für das Gute in der Welt einsetzen kann.

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Von admin