Die sogenannten „Nachhaltigkeitsregularien“ der UEFA sehen vor, dass über einen Zeitraum von drei Spielzeiten maximal Verluste in Höhe von 60 Millionen Euro, in Ausnahmefällen bis zu 90 Millionen, durch Investorenzuschüsse ausgeglichen werden dürfen. 2022 verabschiedete die UEFA diese Regularien als Nachfolgeregime für das sogenannte Financial Fairplay 2.0. Das könnte nun erstmals auch für einen deutschen Verein gefährlich werden – und zwar ausgerechnet für die TSG Hoffenheim. Zum „ausgerechnet“ kommen wir gleich, erst einmal die Erklärung: 2023/24 schrieb der Verein nämlich einen Verlust von 24,9 Millionen Euro, der laut Konzernabschluss vom „atypisch stillen Gesellschafter“, also Dietmar Hopp, übernommen wurde. Das bedeutet, dass die Summe entsprechend von Hopps eigentlicher Einlage abschmolz. Im August 2024 schoss Hopp dann aber noch einmal weitere 80 Millionen Euro nach, unter anderem um die Transfers von Adam Hlozek oder Alexander Prass zu finanzieren. Sportgeschäftsführer Andreas Schicker kündigte legte zudem jüngst im Sport-1-Doppelpass nach: Dort sagte der Österreicher nämlich: „Dietmar Hopp hat die letzten Jahre immer wieder Einlagen getätigt, das wird auch in einem Bereich heuer wieder nötig sein.“
Im dramatischten Fall könnte das bedeuten, dass die UEFA die TSG Hoffenheim von den europäischen Wettbewerben ausschließen könnte, sollte der Verein sich für sie qualifizieren. Und das scheint aktuell alles andere als unmöglich: Sechsmal in Folge verlor die Mannschaft von Christian Ilzer zuletzt in der Bundesliga nicht – bis zur heutigen Niederlage gegen den BVB. Das bedeutet in der Bundesliga-Tabelle nach 13 Spieltagen immerhin Platz fünf.
Und dass die UEFA es ernst(er) meint (als noch vor einigen Jahren) mit möglichen Sanktionen, dass zeigt unter anderem das Beispiel von DAC Dunajska Streda. Die Uefa hat DAC aus der Conference League ausgeschlossen. Der Grund: Ein Verstoß gegen die Uefa-Regeln zum Multi-Club-Ownership. Die sagen: Ein Investor darf pro Wettbewerb maximal einen Klub kontrollieren. So will die Uefa die sportliche Integrität ihrer Tuniere schützen – zurecht, aber schlecht für das slowakische Combeack, denn DAC ist ebenso im Besitz des slowakischen Geschäftsmannes Oszkar Vilagi wie der ungarische Erstligist Györi ETO FC, der sich ebenfalls für die Conference League qualifiziert hat. Doch für den DAC wird es noch bitterer, denn bei der Entscheidung, welcher Klub an der Conference League teilnehmen darf, werden dem Klub die Schwierigkeiten des slowakischen Fußballs nach dem Ende der Tschechoslowakei zum Verhängnis. Denn entscheidend dafür, wer international dabei sein darf, ist, welcher Klub in seiner Liga die bessere Platzierung eingefahren hat. DAC und Györi wurden aber beide Vierter. Deswegen entscheidet, welches Herkunfsland im Uefa-Ranking höher steht – und da steht Ungarn vor der Slowakei. Da kann DAC, das in den letzten Jahren an seinem Europa-Comeback gearbeitet hat, aber ja nichts für. Besonders absurd an dieser Geschichte ist übrigens, dass die Stadt Streda, die auch eine Minderheitsbeteiligung am Verein hält, mehrheitlich von Ungarn bewohnt wird und Orbans Partei Fidesz den Bau eines neuen DAC-Stadions deswegen mit rund 10 Millionen Euro unterstützt haben soll. FanLeben.de hat über diesen Fall hier ausfürhlich berichtet.
Beim „Fiancial Fair Play“ hingegen gab sich der europäische Kontinentalverband bislang eher nachsichtig: Im vergangenen Jahr hatten Manchester City und der FC Girona mithilfe einer Blind-Trust-Aktion noch jeweils eine Starterlaubnis für die Champions League erhalten, seit diesem Jahr muss eine Entflechtung zwischen den Klubs aber bereits zum 1. März stattgefunden haben. Das ist in diesem Jahr auch dem irischen Pokalsieger Drogheda United zum Verhängnis geworden, der seinen Platz in der Conference League verlor, weil er wie der dänische Conference League-Teilnehmer Silkeborg IF, von der Trivela Group kontrolliert wird. Und auch beim MCO misst die UEFA durchaus ja mit zweierlei Maß: So dürfen RB Leipzig und RB Salzburg regelmäßig im selben internationalen Wettbewerb antreten, seitdem Red Bull seine Anteile an der Salzburger Kapitalgesellschaft zurückgegeben hat, aber weiter den Stammverein durch eine Neumitglieder-Blockade kontrolliert. Die Uefa-Regeln werden also ungleich angewandt, kleine Klubs bekommen sie zu spüren, während der Verband den Konflikt mit den finanzstarken Branchen-Bossen offenbar scheut. Mit Integrität hat das nichts zu tun. Aber es wird spannend zu sehen sein, für wie mächtig die UEFA Dietmar Hopp hält und ob sie für „seine“ TSG Hoffenheim die Regeln eher mehr oder eher weniger dehnt.
Womit wir übrigens wieder beim „ausgerechnet“ wären: Denn Dietmar Hopp kontrolliert die TSG Hoffenheim zwar de Facto durch sein Geld, die TSG gehört aber dennoch wieder zu den 50+1-Klubs in der Bundesliga. Hopp hatte von dieser Regel eine Ausnahme gewährt bekommen, verzichtet aber inzwischen wieder auf diese, um kartellrechtliche Bedenken gegen die 50+1-Regel, die aufgrund der Ausnahmen bestehen, aufzulösen. Da wäre es dann schon ziemlich absurd, wenn ausgerechnet sein Verein von der UEFA sanktioniert würden, während Konzern-Klubs mit ihrem Gehabe durchkommen.
