Die Haushaltsverhandlungen im Bundestag haben auch viel mit Taktik zu tun: Die Bundesregierung erstellt einen Haushaltsentwurf, quasi den Spielplan, und dann, in der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses, bei dem die Finanzpolitiker*innen aller Fraktionen darüber verhandeln, kommt es auf die Taktik an, um den Entwurf doch noch so zu verändern, dass das eine oder andere Wunschprojekt berücksichtigt wird, ein Schwerpunkt anders gesetzt werden kann – quasi vertikale Finanzplanung. Aber das waren auch genug Fußballmetaphern jetzt.
Denn über das Thema, um das es hier heute geht, waren sich die Haushälter*innen weitesgehend einig – unabhängig von ihrer sonstigen Taktik. Und darum geht es: Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat am Donnerstag in ebener jener Bereinigungssitzung eine „Sportmilliarde“ beschlossen. Konkret bedeutet das, dass aus dem Sondervermögen des Bundes eine Milliarde Euro bereitgestellt werden, um in den kommenden vier Jahren kommunale Sportstätten zu sanieren und zu modernisieren. Ziel ist es, vor allem Vereine und Aktive an der Basis zu entlasten.
Stimmen zur Sportmilliarde: Dringend benötigt
Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes Thomas Weikert freut sich über die Entscheidung. Er nennt es „sehr guten Nachrichten für den organisierten Sport und die 86.000 Sportvereine im Land“. Die finanziellen Mittel würden „dringend benötigt“. Denn: „Es ist höchste Zeit, dass bröckelnde Sporthallen, stillgelegte Schwimmbäder und kaputte Sportplätze aus unserem Alltag verschwinden“, erklärte Weikert: „Die positiven Auswirkungen dieses Programms werden Millionen von Sportvereinsmitglieder in ganz Deutschland spüren.“
Entsprechend zufrieden ist auch Christiane Schenderlein, Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, von der CDU: „Das ist ein starkes Zeichen für den Sportstandort Deutschland.“ Mit der bereitgestellten Summe könne man den jahrelangen Investitionsstau auflösen: „Das werden die Aktiven und Vereine in unserem Land spüren – ein guter Tag für Sport-Deutschland.“
Auch SPD-Haushaltsexperte Thorsten Rudolph, der die „Sportmilliarde“ in der Bereinigungssitzung mitverhandelt hat sprach von einem „kraftvollen Zeichen für den Sport, die Kommunen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“.
In den Kommunen hätte man sich sogar noch mehr Geld für den Breitensport gewünscht. „Auch wenn der Beschluss des Haushaltsausschusses ein positives Signal ist, bedeutet er nicht viel mehr als einen Tropfen auf den heißen Stein“, sagt darum der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, André Berghegger. „Auch diese zusätzlichen Mittel werden nicht verhindern können, dass immer mehr Städte und Gemeinden Sportstätten schließen müssen, weil sie die Sanierung nicht finanzieren können.“
Das kritisiert auch die Linke: „Die Summe von einer Milliarde Euro in den nächsten vier Jahren wird bei Weitem nicht ausreichen, denn der Sanierungsstau im Bereich der Sportstätteninfrastruktur beträgt bereits jetzt 40 Milliarden Euro“, meint Christian Görke, finanz- und sportpolitischer Sprecher seiner Fraktion.
So notwendig sind die Investitionen wirklich
Tatsächlich sind viele Sportstätten überall in Deutschland marode. Deutlich zeigt sich das unter anderem bei Hallenbädern. Jedes zweite müsste umfassend saniert werden. Das sagt zumindest eine Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen. Auch viele Sportplätze genügen nicht mehr aktuellen Standards, was Umwelt- und Gesundheitsschutz angeht. Oft sind sie zudem nur auf eine Sportart festgelegt, Randsportarten werden benachteiligt.
Der Städte- und Gemeindebund sieht darum neben dem Bundestag nun auch die Bundesländer in der Verantwortung. Denn nach Föderalismus-Regeln sind die ohnehin vorrangig für die Finanzierung des Breitensports zuständig. Auch hier hat der Bundestag die Möglichkeiten verbessert: Denn durch die Änderung der Schuldenregeln dürfen die Bundesländer zukünftig wieder 0,35 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts als Kredite aufnehmen. Damit müssen sie dazu beitragen, „den Zustand der Sportstätten in Deutschland nachhaltig zu verbessern“, Städtesprecher Berghegger.
Umsetzung der Sportmillarde in den kommenden vier Jahen
Aber zurück zur „Sportmilliarde“. Bereitgestellt wird die also aus dem Sondervermögen des Bundes und geht den Städten und Gemeinden über die nächsten vier Jahre zu. Viele Kommunen stehen unter immensen Finanzdruck, Investitionen aus eigener Kraft sind an vielen Orten kaum mehr möglich. „Wir sehen die großen Schwierigkeiten, Sportstätten noch aufrechtzuerhalten“, erklärt auch Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher der Union.
Ein besonderer Fokus soll folgerichtig auf der Sanierung von Schwimmbädern sowie dem Neubau von Schwimmstätten, auch mobiler Schwimmcontainer liegen. Aber auch der oft zitierte Bürokratieabbau soll bei der „Sportmilliarde“ Berücksichtigung finden. Konkret ändern Union und SPD hierfür die Bundeshaushaltsordnung, um den Kommunen das Geld pauschal zur Verfügung zu stellen. Dadurch sollen Formalitäten wie Förderbestimmungen oder Zweckverwendungsnachweise reduziert werden. Das Geld soll so schneller ankommen – und auch die Sportstätten entsprechend schneller in Schuss gebracht werden.
Fest steht: Die „Sportmillarde“ wird den Breitensport in Deutschland stärken. Das ist überfällig – aber es ist auch gut, dass es jetzt passiert. Ausreichen um alle infrastrukturellen Probleme zu lösen, wird sie jedoch nicht. Da werden vor allem die Bundesländer nachlegen müssen. Denn Breitensport fördert Gesundheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Deswegen gilt für die Instandsetzung was Sepp Herberger einst über Fußballspiele sagte: „Entscheidend ist auf dem Platz.“